Sprendlinger
Mosaik
So nennt Arno
Baumbusch seine Sammlung von älteren und neueren Texten
über Sprendlingen. Es ist eine Zusammenstellung ohne Anspruch
auf Vollständigkeit. Sie beruhen auch auf Texten von H.
Runkel, J. & H. Heil und Anderen.
Inhalt:
Wie
alt ist Sprendlingen?
Was
bedeutet der Ortsname Sprendlingen?
Der
Lindenplatz in Sprendlingen
Die
"Mariahall" in Sprendlingen
Der
jüdische Friedhof in Sprendlingen
Alberus-Kirche,
ehemals katholische Laurentius-Kirche
Pfarrer
der Alberus-Kirche
Bekannte
Persönlichkeiten aus Sprendlingen
Sprendlingen
das Dorf der Gastwirtschaften
Verzeichnis
der Sprendlinger Schultheiße und Bürgermeister
„Hirschsprung“
und seine Bedeutung
Hooschebaa
oder Bottche die Spitznamen der Sprendlinger
Die
Theisenmühle zu Sprendlingen
Sprendlinger
Schullehrer zwischen 1585 und 1851
Kinderbewahranstalt
– Kleinkinderschule
Hochdeutsch
heißt er „Apfelwein“
Hausnummerierung in Sprendlingen
Sprendlingen und
seine Juden
Katholische Kirche
in Sprendlingen
Der Wilhelmshof in
Sprendlingen
Der städtische
Angestellte
Schilda läßt
grüßen
Straßen in Sprendlingen
Erbteilung, der
Untergang des Bauernstandes
Das Steinöl
Industrieansiedlung
in Sprendlingen
Arbeiter
organisieren sich
Erste Vereinsgründungen
Wasser –
Gas – Strom
Rathausbau
Franzosenzeit
Zeit des Nationalsozialisten
– 2. Weltkrieg
Amerikanische Truppen stehen vor Sprendlingen
Sprendlingen bekommt Stadtrechte
Abwasser
– Kanal – Müll
Stasi-Agent jagt
Haus in die Luft
Partnerstädte
von Sprendlingen
Einwohnerzahl von
Sprendlingen
Zusammenschluß
oder auch Zwangsehe
Wie alt ist
Sprendlingen?
All die Orte, deren Name
mit „ingen“ enden, gelten im allgemeinen
als Gründung der Alemannen. In den meisten
Fällen wurde das auch durch Bodenfunde belegt. Hier
in Sprendlingen wurden an folgenden Stellen alemannische Grabbeigaben
gefunden:
Bei Fundamentierungsarbeiten in
der
Rathausstraße 4 (1910). Bei Kanalarbeiten am
Friedhof (1956). Bei der Verlegung einer Wasserleitung in der
Hainer Chaussee (1965), sowie an der gleichen Stelle bei der
Freilegung eines alemannischen Grabes durch die Freunde Sprendlingens
(1978). Die gefundenen Grabbeigaben waren zum
größten Teil Keramiken aus dem 4. Jahrhundert n.
Chr. und stehen heute im Dreieich - Museum in
Dreieichenhain.
Nach der Dissertation von Lissi
Oster
(1941) dürfte Sprendlingen um 500 n. Chr. als Ringdorf
entstanden sein. Ursprünglich siedelten die Alemannen
wahrscheinlich an der mittleren und unteren Elbe. Auf ihrem Zug nach
Westen durchbrachen sie 260 n. Chr. den Limes, eine Befestigungsanlage
der Römer, und ließen sich in der heutigen Rhein -
Main - Ebene nieder.
Im Jahre 496 n. Chr. besiegten
die
Franken unter König Chlodwig die Alemannen, deren
Bevölkerung blieb vor Ort und ging in dem Frankenreich auf.
Zur besseren Verwaltung wurden die eroberten Gebiete in
„Urmarke“ eingeteilt.
Die Urmark Sprendlingen grenzte mit ihrer gesamten West - und
Südseite an die Urmark Langen. Im Norden deckt sie sich mit
der Südgrenze des Frankfurter Stadtwaldes und im Osten mit den
Grenzen der Röder- und Bieger Mark, deren hohes Alter
ebenfalls außer Zweifel steht. Die Urmark
Sprendlingen umschloß somit ein Gebiet, welches das ehemalige
Forstrevier Sprendlingen sowie die Gemarkungen Gravenbruch, Neu -
Isenburg, Sprendlingen, Dreieichenhain, Götzenhain und Neuhof
ganz, Philippseich zum Teil beinhaltete.
König Ludwig der
Deutsche
schenkte am 7. Januar 834 das Dorf Langen mit zugehöriger Mark
dem Kloster Lorsch. In einer später ausgefertigten
Grenzbeschreibung dieser Schenkung wird unter anderem die
„Spiren Dilinger marca“ genannt. Was aussagt,
daß zu dieser Zeit schon ein Ort mit dem Namen Spiren
Dilingen vorhanden war. Die erste urkundliche
Erwähnung von Sprendlingen datiert am 17. November 880. In
dieser Urkunde bestätigt König Ludwig der
Jüngere, daß sein Vater, Ludwig der Deutsche, Kirche
und Güter von Sprendilingen der Salvatorkapelle in Frankfurt
geschenkt hat. Diese Schenkung wurde noch von Karl dem Dicken
am 12. Dezember 882 (Sprendilingun) und von Kaiser Otto 2. am 12. April
977 (Sprendelincon) bestätigt
Die Frage, wer älter
sei,
Langen oder Sprendlingen, beantwortet Lissi Oster in ihrer Dissertation
(1941) mit folgenden Hinweis: Langen ist ein Wegedorf
(Einzelgehöfte) und die ursprüngliche Siedlung
Sprendlingen dagegen ein Ringdorf, deren Hofreiten um den Lindenplatz
mit der im Süden stehenden Kirche lagen. Sprendlingen
müßte demnach älter sein.
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Was
bedeutet der Ortsname Sprendlingen?
Es wird angenommen,
daß bei
den Alemannen der Ortsname von dem Namen des Familien - oder
Sippenführers abgeleitet wurde. In unserem Falle wäre
das Sprendilo oder Sprandilo. Kann aber bis heute noch nicht
nachgewiesen werden. Bemerkenswert ist, in der
Grenzbeschreibung der Schenkungsurkunde von 834 wurde der Ortsname in
zwei Wörtern geschrieben „Spiren Dilinger
marca“.
War das ein Schreibfehler oder
hatte
es einen anderen Grund? War vielleicht Dilingen der Ortsname
und Spiren ein Zusatz? Spiren kommt von dem althochdeutschen
„sperran“ heißt sperren. Es
könnte in den Sumpfgebieten um Sprendlingen eine Sperre
gewesen sein. Es gibt bis jetzt noch keine gesicherte
Erklärung des Ortsnamens von Sprendlingen.
Auf Urkunden des Mittelalters
kann
man die verschiedensten Schreibweisen des Ortsnamens von Sprendlingen
finden z. B.: Spirendilingen, Sprendilingun, Spirendelinum,
Sprendelincon, und Springling.
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Der Lindenplatz in Sprendlingen
Seinen Namen hat der Platz, wie
leicht zu erraten ist, von einer uralten Linde, einer sogenannten
Gerichtslinde. Unter ihr tagte ehemals zweimal im Jahr das
Vogteigericht. Es war ein niederes Gericht und hatte nur über
kleinere Vergehen zu richten. Die Strafen, die vom
Vogteigericht verhängt wurden, waren weniger Haft- oder
Geldstrafen sondern Abgaben in Form von Getreide, Wein, Gänsen
oder Hühnern. Es verwundert das Wort
„Wein“. Ja, in unserem
Ort wurde damals Wein angebaut. Noch heute gibt es Hinweise darauf, wie
z.B. die „Wingertstraße“ oder die
Gewannbezeichnung „Am Wingertsfeld“. In
Sprendlingen gab es zur damaligen Zeit auch einen Scharfrichter und
einen Galgen. Sie unterstanden aber einem höheren Gericht, dem
sogenannten Halsgericht. Der Galgen stand auf
dem „Galjehiwwel“
(Galgenhügel) in der Frankfurter Straße
gegenüber der Wilhelmshöfer Siedlung. Es wurden bis
heute keinerlei Unterlagen gefunden, die beweisen könnten,
daß dort ein Todesurteil vollstreckt wurde.
Neben der Gerichtslinde war,
laut
alten schriftlichen Unterlagen, ein Kettenbrunnen. Bei der
Neugestaltung des Platzes 1980 durch das Bauamt der Stadt Dreieich
wurde er wieder entdeckt. Die „Freunde
Sprendlingens“ machten mit Hilfe der Firma Bratengeier eine
Notgrabung und legten den alten Brunnenschacht (Durchmesser 160 cm) bis
zu einer Tiefe von 8,5 Metern frei. Einstimmiges Urteil: sehr gut
erhalten. Dieser Brunnenschacht ist vermutlich das älteste
Bauwerk in Sprendlingen. Erste schriftliche Erwähnung im 15.
Jahrhundert. Auf Veranlassung des Bauamtes der Stadt mußte
der Brunnenschacht wieder zugeschüttet werden. Dabei
hätte man die Brunnenwände nur ca. 150 cm
erhöhen müssen und das geschichtlich sehr wertvolle
Bauwerk wäre wieder sichtbar geworden. Zur Erinnerung an
diesen alten Brunnen wurde über ihm ein nicht gerade
schönes Wasserbecken erstellt.
Im Süden des
Lindenplatzes
steht die 1716-18 erbaute, sehr markante, evangelische
Erasmus-Alberus-Kirche. Sie steht auf sehr
geschichtsträchtigem Boden, und ihre Geschichte kann man nur
in einem späteren, separaten Artikel beschreiben.
Rechts neben der Kirche, zwischen dem ersten und dem zweiten
Haus, war bis in die 50er Jahre des vergangenen Jahrhunderts das
sogenannte „Gässje“. Dieses kleine
Gäßchen war verwinkelt, mit Kopfsteinpflaster
versehen und führte am ehemaligen Kirchhof entlang vom
Lindenplatz zu dem einst so berühmten
„Gestüt Mariahall“. Dort wurden vor dem
ersten Weltkrieg Traberpferde gezüchtet und trainiert. Auf dem
heutigen Schwimmbadgelände sowie den Tennisplätzen
und im „Kamerun“ (nordwestlich von Sprendlingen)
gab es mehrere Renn- und Trainingsbahnen.
Die Tempelstraße hat
ihren
Namen nicht, weil sie zu einem Tempel führte, sondern zu einem
Tümpel. Dorthin wurde das Vieh der Gemeinde von den Kuh-,
Ziegen-, Schweine- und Gänsehirten täglich zur
Tränke getrieben.
Im Hengstbach ist heute noch
eine
Furt, in die die Bauern damals ihre Fuhrwerke stellen konnten, um das
Austrocknen der Räder zu vermeiden. Durch die Feuchtigkeit des
Wassers quoll das Holz und saß wieder fest in den
Eisenreifen. Bei dieser Gelegenheit wurden natürlich auch die
Pferde getränkt, und weil die Pferde in Sprendlingen nicht
„Pferde“ hießen sondern im Dialekt
„Gail“, so hieß der Hengstbach dort
„de Gailsbach“. Über ihn führt
schon viele Jahre eine kleine Brücke, undseit sie ein neues,
teueres Geländer bekommen hat wird sie im Volksmund
„Seufzerbrücke“ genannt.
Sehr dominant ist auch das
heutige
Pfarrhaus. Ein Fachwerkbau der 1779-80 errichtet wurde. Da das
Grundstück aber in Gräflich Isenburgischem Besitz
war, hatte das Gebäude von Anfang an zwei Aufgaben. Es war
gräfliches Forsthaus und erst in zweiter Linie
Pfarrhaus. In seinem Vorgängerbau (Pfarrhaus) geschah
1570 ein Doppelmord. Opfer waren die Tochter und das Enkelkind de rers
Schwanfelder. Der Täter, ein ortsfremder Bettelstudent, wurde
in Frankfurt gefaßt und qualvoll hingerichtet.
Neben dem Pfarrhaus
führte
früher der „Feuerläufer Pfad“ zum
Hengstbach. Bei Bränden mußte das
Löschwasser in Ledereimern zur Brandstelle geschafft werden.
Jede ortsansässige Familie mußte bei Hochzeiten
einen dieser Ledereimer und natürlich auch den Träger
zur Verfügung stellen. Dort, wo heute die
Gaststätte „Zur Blauen Blume“ ist, war
vermutlich in früheren Zeiten die Gaststätte
„Zum Hirsch“. Sie ist in einem Protokoll des
Vogteigerichtes aus dem Jahr 1601 erwähnt.
Bis zum Jahre 1785 verlief die
Hauptverbindungsstraße zwischen Darmstadt und
Frankfurt über den Lindenplatz. Sie führte
am Anfang der Erbsengasse (heute Sprendlinger Weg) zwischen den
Gebäuden „Briggebegger“
(Brückenbäcker) und der früheren
Gaststätte „Zum Roten Ochsen“ durch eine
Furt im Hengstbach im Bogen über den Lindenplatz, durch die
Kirchgasse (heute Alberus-straße) zur Hauptstraße.
Die Kirchgasse war damals tatsächlich die wichtigste
Straße in Sprendlingen. Hervorzuheben: gleich auf der linken
Seite das sogenannte „Lorey-Haus“. Ein
Stück weiter auf der gleichen Seite die Dorfschmiede. Ihr
Besitzer hieß Dreieicher, eine sehr bekannte
Persönlichkeit im Ort. Im ersten Stock dieses Hauses war lange
Zeit die Bürgermeisterei unter-gebracht.
Auf der
gegenüberliegenden
Seite der Straße war in früheren Zeiten ein
großer Bauernhof der sogenannte „große
Hof“. Ob er der Sitz derer „von
Sprendlingen“ war, ist heute kaum noch zu beweisen.
Daß es ehemals (13.Jahrhundert) ein Adelsgeschlecht in
Sprendlingen gab, läßt sich durch Urkunden zwischen
1269 und 1287 beweisen. Auf mehreren Gerichtsurteilen und Urkunden kann
man den Namen „Henrici von Sprendlingen“ finden.
Die Lebensdauer dieses Geschlechtes betrug nur ca. 100 Jahre, und es
ist vermutlich um 1300 ausgestorben.
Auf der nördlichen
Seite des
Lindenplatzes stand ein kleines Gebäude das im Volksmund den
Namen „Betzekammer“ hatte (betz-halten =
festhalten). Dieser Raum war die Arrestzelle des Ortes. Im
Laufe der Zeit diente er auch anderen Zwecken, wie z.B. als
„Freibank“. Ältere Bürger wissen
noch, was dieser Name bedeutet. Man konnte dort verbilligtes,
minderwertiges Fleisch von Notschlachtungen kaufen. Später
diente das Gebäude der Feuerwehr des Ortes als Unterstellraum
und war somit eigentlich das erste Feuerwehrhaus von Sprendlingen. Das
Gebäude wurde 1929 abgerissen.
Dort, wo heute der von den
Freunden
Sprendlingens erstellte „Hooschebaa-Brunnen“
steht - er erinnert an den Spitznamen der
Sprendlinger Bürger - stand ursprünglich die
„alt Schul“ (1772-1962). Sie war aber nicht die
erste Schule im Ort. Es ist schriftlich überliefert,
daß das „Schulhaus hinter dem Kirchhof“
1758 wegen Baufälligkeit abgebrochen wurde. Im Schulgarten der
oben erwähnten „alt Schul“ wurde 1841-42
eine Mädchenschule erbaut. Später erhielt sie den
Namen Goethe-Schule und wurde in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts
abgerissen, um der Christoph-Helwig-Straße Platz zu machen.
Durch deren Bau wurde damals der Jahrhunderte alte Anblick des
Lindenplatzes zerstört. Im Volksmund heißt sie heute
„Startbahn Ost“ und erinnert somit an die
heiß umkämpfte Startbahn West des
Rhein-Main-Flughafens.
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Die
"Mariahall" in Sprendlingen
1835 „KUGLERHOF“, erbaut
vom Offenbacher Fabrikanten Kugler.
1885 Das
gesamte Anwesen ging für 36 000.- Mark an den Frankfurter
Fabrikanten Dr. G. .Mösinger. Er nannte es nach dem
Vornamen seiner Frau „MARIAHALL“ und
gründete ein Gestüt für Traber- und
Rennpferde. Zunächst Dressurbahn an der Hainer Chausee (heute
Liegewiese und Tennisplätze). Später eine
Trabrennbahn im Kamerun (Breitensee). Kamerun weil sie, weit weg war
wie die damalige deutsche Kolonie Kamerun in Afrika.
1886 Weltklassepferde,
viele bedeutende Preise und Trophäen. Oft war der
Großherzog von Hessen-Darmstadt zu Besuch. Der
Frankfurter Generalanzeiger berichtete 1892: Das
Gestüt Mariahall steht mit 60.000 Mark Preisgelder vor dem
nachfolgenden Gestüt mit 38.000 Mark. Auf dem Anwesen
war auch eine größere Gärtnerei mit
Treibhäusern die mit einer Dampfheizung versehen
waren. Weil Herr Dr. Mösinger in der Nacht, auf dem
Weg von Frankfurt nach Sprendlingen, von seinem Kutscher in den
Straßengraben gefahren wurde, stiftete er der Gemeinde
Sprendlingen die ersten Petroleum-Straßenlampen.
1914 Kriegsbedingt
Verkauf seiner Pferde. Umstellung auf Landwirtschaft mit
Milchkühen aus Ostpreußen. Am Ende des
Krieges war Mariahall Reservelazarett. Nach dem Krieg,
Kinderheim mit 25 Plätzen unter Leitung von Frau
Mösinger. Am 31. Dez. 1920 aufgelöst. Grund:
Frau Mösinger war verstorben. Sie wurde in einer Gruft auf dem
Gelände von Mariahall beigesetzt. Nach dem Verkauf des
Grundstückes wurde sie auf den Buchschläger Friedhof
überführt. Frau Mösinger
war verstorben. Sie wurde in einer Gruft auf dem Gelände von
Mariahall beigesetzt. Nach dem Verkauf des Grundstückes wurde
sie auf den Buchschläger Friedhof
überführt. 1922 bedingt
durch die Geldentwertung in der Inflationszeit (1922-1923) kam die
Familie Mösinger in
wirtschaftliche Schwierigkeiten.
1926 Umbau
der Reithalle zu einem Dusch- und Wannenbad. Für Sprendlinger
Verhältnisse ein absoluter Luxus.
1926 verkaufte die Familie
Mösinger der Gemeinde Sprendlingen sein gesamtes Anwesen
für 175 000.- Rentenmark.
1927 In
Notstandsarbeit wurde von der Gemeinde das Parkschwimmbad erbaut. Das
Landhaus wurde zu einem Restaurant mit Hotelbetrieb umgebaut
mit dem Namen Mariahall.
1936 Die
Nationalsozialisten machten aus dem Restaurant eine D.A.F.- Schule
(Deutsche Arbeier Front).Nachfolgeorganisation der verbotenen freien
Gewerkschaften.
1945 Wieder
Restaurant und Hotel Mariahall.
1965 Das
Gebäude wurde abgerissen und auf Restaurantgrundstück
der heutige Kinderspielplatz errichtet.
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Der
jüdische Friedhof in Sprendlingen
Versteckt zwischen dem alten
und dem
neuen Teil des christlichen Friedhofes am Lacheweg, liegt der fast
vergessenen Sprendlinger Judenfriedhof. Nur wenige wissen,
daß sich hinter der Bruchsteinmauer ein 1038 qm
großes Gelände liegt, das mit Gras, Efeu und einigen
Bäumen bewachsen ist und auf dem 100 Grabsteine, fast alle von
einheitlicher, schmaler Grundform stehen. Diese sind, in
künstlerischem wie in kulturellem Sinn, für unsere
Stadt ein Dokument der Vergangenheit, das durch das ewige Ruherecht der
Juden erhalten geblieben ist. Die Grabsteine tragen zum Teil
hebräische Inschriften.
Vom Tor her führt ein gerader Weg durch den Friedhof. Hier
empfängt uns eine feierliche Stimmung ohne
schwermütige Klänge, denn hier herrscht keine
todtraurige Monumentalität, die manche Friedhöfe mit
ihrem starren Prunk oft unerträglich erscheinen lassen. In
diese Stille scheint der Lärm der benachbarten
Straße nicht eindringen zu können. Die Gedanken
lassen den Alltag vergessen und wenden sich der Vergangenheit zu. Im
Gegensatz zu den Christen bestatten die Juden ihre Toten immer mit dem
Blick nach Osten, in Richtung Jerusalem.
Am Anfang der Belegung des Friedhofes war es Brauch die Grabsteine am
Kopfende und später am Fußende des Grabes
aufzustellen. Sie durften niemals mit einem tiefgehenden Fundament
innerhalb des eigentlichen Grabes versehen werden. Viele Grabsteine
haben eine besondere Kopfform, diese Form versinnbildlicht die
aufgeschlagenen Gesetzestafeln Moses. Die Inschriften auf den
Grabsteinen sind zum Teil in hebräischer Sprache
eingemeißelt und enthalten oft Abkürzungen. Sie
ver-zeichnen meist den Namen des verstorbenen, den Todes- und
Beerdigungstag. Das Geburtsdatum anzugeben, war früher nicht
Sitte. Aus religiösem Empfinden heraus schien nicht die
Lebensdauer von Wichtigkeit, sondern das sittliche Tun während
des kurzen Aufenthalts auf dieser Welt. Die Inschriften sind nicht nur
für die Historie der Sprendlinger Juden von Bedeutung, sie
sind auch wertvolle Dokumente für die Geschichte unseres Stadt.
Die jüdische Gemeinde Sprendlingen gehörte
ursprünglich zum Friedhofsverband Offenbach. Diesem Verband
gehörten u. a. auch die Orte Dreieichenhain,
Götzenhain und Offenthal an. Die
Begräbnisstätte befand sich in Offenbach und wurde
1725 angelegt. Die davor verstorbenen Juden wurden vermutlich auf dem
jüdischen Friedhof von Bürgel beigesetzt. 1831 legte
die jüdische Gemeinde in Sprendlingen ihren eigenen Friedhof
an. Hier wurden ab 1872 auch einige verstorbenen Juden aus
Dreieichenhain beigesetzt. Von 1875 an hatten aber diese drei Ortel
einen eigenen, 1219 qm großen Friedhof in Dreieichenhain.
Nach meiner Schätzung sind auf dem jüdischen Friedhof
in Sprendlingen 150 Personen beigesetzt worden. 100 Grabsteine,
überwiegend aus rotem Sandstein, zieren diese Gräber.
Fast 1/3 davon sind ganz oder teilweise mit hebräischen
Inschriften versehen. Der älteste Grabstein trägt die
hebräische Inschrift: Goldschmidt Mindlar, Frau von Perez
Goldschmidt aus Sprendlingen, gest. 2. Tag Nissan 5591 (1831). Bei der
letzten, offiziellen Beisetzung handelt es sich um: Sara Finkelstein,
geb. Kesselmann, gest. 26.3.1938. Danach gab es noch drei weitere
Beisetzungen, die aber wegen der Nazizeit nirgends urkundlich
erwähnt sind. Meinen Nachforschungen zufolge sind es folgende
Personen: Hess Eva , gest. im Nov. 1938. Bendheim
Julius, gest. im KZ Buchenwald (Urne), Pappenheimer Emanuel,
gest. 28.Nov. 1938.
Zu erwähnen wäre noch, daß im Weltkrieg
1914 - 1918 die Sprendlinger Juden Julius Marx und Max Strauss ihr
Leben für unser Vaterland opferten. Ihre Namen stehen auf den
Gedenktafeln für die Gefallenen des 1. Weltkrieges im
christlichen Friedhof, wo sie auch während des Dritten Reiches
zu lesen waren. Während der N.S.-Zeit wurden auf dem
Friedhof keine Gräber geschändet. Den Juden war es zu
dieser Zeit untersagt, den Leichenwagen der Gemeinde Sprendlingen zu
benutzen. Der Sprendlinger Schmied Dreieicher lieh ihnen einen
Drückkarren und fand am anderen Tag ein Schild an seinem
Hoftor mit der Aufschrift : „Judenfreund nimm dich in
acht“.
Nach dem Krieg 1939/45 wurde
der
Friedhof von Rektor Galle, mit wechselnden Schülergruppen, an
13 Nachmittagen gesäubert. Auf Veranlassung der
„Freunde Sprendlingens“ wurde das
Eingangstor neu gestaltet, das eingestürzte Leichenwaschhaus
wiederaufgebaut und ein Handwaschbecken aufgestellt. Gleichfalls wurde
für die letzten 17 Juden, die von Sprendlingen aus in ein KZ
deportiert wurden, ein Denkmal errichtet.
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Alberus-Kirche,
ehemals katholische Laurentius-Kirche
Die Laurentius-Kirche
gehört
zu den ältesten Kirchen in der Dreieich. Dies beweist uns die
Schenkungsurkunde Karl des Dicken vom 2. 12. 882. Es
läßteine Kirchengründung in merowingischer
oder spätestens karolingischer Zeit vermuten. Es ist
anzunehmen, dass die erste Kirche aus Holz gebaut war.
Jedenfalls reicht der
rechteckige
Grundriß der ältesten aus Stein gebauten Kirche
nicht in diese frühe Zeit zurück, da seine
Maße genau auf hessisch Fuß(26 cm) aufgehen. Der
die alte Laurentius-Kirche umgebende Friedhof war ursprünglich
ein Wehrkirchhof gewesen. Er war die einzige
verteidigungsfähigeZufluchtsstätte der Bewohner der
sonst unbefestigten Ortes.
Die heutige noch vorhandene
Maueroberkante liegt zwischen 3 und 3,50 Meter über
Straßenoberfläche. Dazu muß man den etwa 1
Meter hohen Zinnenkranz rechnen, der leider abgebrochen wurde, so dass
die Gesamthöhe der ehemals wehrhaften Friedhofsmauer mit
mindestens 4 bis 4,50 Meter anzunehmen ist. Die nicht mehr vorhandene
südliche Mauer wurde vermutlich bei einer Friedhoferweiterung
eingerissen.
Ein Zeugnis für die
dörfliche Vergangenheit Sprendlingens ist die in schlichtem
Barock erbaute Alberus-Kirche. Sie steht ander Stelle einer im
dreißigjährigen Krieg zerstörten Kirche.
Diese stand Ost- Westrichtung mit dem Altar im Osten. Bei
Renovierungsarbeiten 1985/86 wurde an der Westwand der Alberus-Kirche
Reste eines gotischen Portals freigelegt.
Der älteste Teil, der
jetzigen Kirche, der Chor, wurde im Jahr 1658 erbaut. Im Jahr 1716
wurde die Kirche in ihrer jetzigenGestalt eingeweiht. Ortspfarrer
Capeller weilte oft auf strapaziösen Reisen um zu
„collektieren“, mit anderen Worten, Geld
für seine Kirche zusammeln. Dies hat Pfarrer Conschuh im Jahr
1843 würdigend in der Kirchenchronik festgehalten.
Über dem Kirchenportal
ist
das Wappen der Isenburg-Birsteiner Herrschaft eingelassen. Der Bau ist
in seiner Schlichtheit auch im Inneren sehenswert. Außer den
Chorfenstern, die von dem Frankfurter Professor Linnemann stammen,
enthält derAltarraum ein bemerkenswertes Epitaph für
den ehemaligen Oberpfarrer Machenhauer und gegenüber eine
hölzerne Barock-Statue des Heiligen Laurentius, dem diese
Kirche in katholischer, also vorreformatorischer Zeit, geweiht war.
Darum ist auch heute noch am Laurentiustag Sprendlinger Kirchweih
(Kerb).
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Pfarrer der
Alberus-Kirche
1527
- 1538 Alber, Erasmus (Alberus),
1544 - 1574 Schwanfelder, Johannes,
1576 - 1604 Helwig, Christoph (Helvicus),
1605 - 1616 Reuß,
Valentin,
1616 - 1636 Gerthius, Johann,
1637 - 1657 Gerthius, Johann Conrad,
1657 - 1686 v. d. Brinck, Johann Samuel,
1686 - 1695 Kahlenberg, Johann Conrad,
1695 - 1718 Capeller, Jeremias
Philipp,
1718 - 1727 Werelin, Johann Michael,
1727 - 1755 Lantz, Philipp Burkhard,
1755 - 1792 Machenhauer, Johann Christian,
1793 - 1802 Becker, Georg Ludwig,
1802 - 1810 Scriba, Theophil Friedrich,
1812 - 1831 Hofmann, Dr. Johann Philipp
1831 - 1841 Spieß, Johann Baltharsa,
1843 - 1862 Conschuh, Johann Karl Conrad,
1863 -
1899 Scriba, Ferdinand,
1899 - 1903 Frey, August,
1903 - 1916 Schmidt, Hermann Karl August,
1916 - 1930 Reusch, Julius,
1930 - 1941 Petri, Heinrich Wilhelm,
1942 - 1946 mitverwaltet von Pfarrer Bayer aus
Dreieichenhain,
1946 - 1971 Weber, Max Rudolf,
1971 - 1979 Kehr, Georg Dieter,
1980 - 1989 Schmidt, Ernst Ludwig
1990
-
Gerlitz, Winfried und Lessing-Gerlitz, Ruth
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Bekannte
Persönlichkeiten aus Sprendlingen
Heinrich von
Sprendlingen (Henricus de Sprendelingen), wird
zwischen 1269 und 1287 in mindestens zehn Urkunden erwähnt.
Aus der Stellung, die sein Name innerhalb der Reihe der
aufgeführten Zeugen einnimmt, kann geschlossen werden, dass er
ein sehr angesehener Mann war. Es ist nicht feststellbar, wo er seinen
Wohnsitz hatte. Er und seine Frau Gertrudis bestimmen in einer Urkunde
vom 21. Januar 1289, falls sie kinderlos sterben sollten, vermachen sie
dem Kloster Patershausen (bei Heusenstamm) ihre Besitzungen in Vilbel,
Griesheim, Kelsterbach, Sachsenhausen, Frankfurt und Neuenhain.
Es gibt noch eine undatierte Urkunde aus der Zeit
zwischen 1210 und 1220 in der der Name Heinrich von Sprendlingen
erscheint. Es dürfte sich aber um den Vater des obengenannten,
zwischen 1289 und 1303 verstorbenen Henricus de Sprendelingen
handeln.
Hans von Sorgenloch,
genannt Gensfleisch. Graf Philipp von Katzenelnbogen hat 1477 das
Vogteigericht in Sprendlingen als Lehen an Hans von Sorgenloch
übergeben. Er war ein Verwandter Gutenbergs und Richter in
Mainz. Ein großer Verdienst von ihm war, 1478 ein Weistum
schriftlich ausarbeiten zu lassen, das die Rechte und Pflichten des
Vogtes und des Gerichtes festlegte. Es ist urkundlich belegt, dass er
1478 in Sprendlingen unter der Linde, das heißt auf dem
heutigen Lindenplatz, Gerichtstag hielt.
Doktor Erasmus Alber
(Alberus) Schüler und Freund Martin
Luthers, Reformator der Dreieich, Pfarrer in Sprendlingen von 1528
– 1539. Er war ein großer Gelehrter und dichterisch
begabt und schrieb 49 Fabeln, übersetzte die Äsopsche
Fabel in deutsche Reime und versetzte sie in die heimische Landschaft.
In der Fabel „Von den Hasen“ finden
wir
zum Beispiel die Steine erwähnt, die an den sagenhaften
Hirschsprung erinnern. Diese Hirschsprungsteine müssen in
früherer Zeit weit bekannt gewesen sein, denn sie wurden zur
Kennzeichnung von Sprendlingen verwandt, Sprendenlingen bey dem
Hirtzsprung. Es seien noch einige Werke von
Alberus erwähnt. Ein Elementarbuch der lateinischen Sprache,
ein Reimwörterbuch und ca. 40 Kirchenlieder. Die
Jugenderziehung lag ihm besonders am Herzen.
Prof. Dr. Christoph
Helwig (Helvicus). Er
wurde 1581 als Sohn des Pfarrers Christoph Helwig in Sprendlingen
geboren. Mit 13 Jahren besuchte er die Universität in Marburg,
mit 14 Jahren erhielt er schon den untersten akademischen Grad und mit
18 Jahren die Magisterwürde. Ab 1610 war er Professor der
Theologie und der hebräischen Schrift an der
Universität von Gießen. Die Stadt Augsburg z.B.
übertrug ihm die Reformierung ihrer Schulen. Er starb im Jahr
1617, erst 36 Jahre alt.
Leutnant zu Pferd
Wendelin
Kieffert. Im Dreißigjährigen Krieg diente
er in der schwedischen Armee. In den Wiederaufbaujahren nach dem Krieg,
genau am 6. November 1650, wurde er als Oberschultheiß und
Vogt für Sprendlingen von Gräfin Magdalene und dem
Grafen Johann Ludwig von Isenburg eingesetzt.Er holte viele seiner
ehemaligen Soldaten aus der Pfalz hierher und ihm verdanken die wenigen
Übergebliebenen den Wiederaufbau ihrer zerstörten
Heimat, aber auch den echten Sprendlinger Dialekt.
Pfarrer Balthasar
Spieß. Er wirkt von 1831 – 1843 in
Sprendlingen, aber nicht nur als Pfarrer, viel bedeutender war er als
Schulmann. Aufgeschlossen für die Pestalozzischen Ideen,
suchte er sie selbst in die Tat umzusetzen. Er wird uns als humaner
Mann, weitsichtig und unermüdlicher Förderer der
Jugend und der Volksbildung geschildert. Sein Sohn Adolf ist der
Begründer des deutschen Schulturnens. Er schrieb die
Bücher „Lehre der Turnkunst“ und
„Turnbuch der Schulen“.
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Sprendlingen
das Dorf der Gastwirtschaften
Als erstes Gasthaus wird in
einer
Urkunde (1693) der „Weiße Löwe“
erwähnt und war damals im Besitz der Familie Paulin, 1900
wurde darausder „Darmstädter Hof“. Im
Jahre 1831 war Georg Adam Löffler Besitzer des Gasthauses
„Adler“. Dieses gilt als Stammhaus aller
Sprendlinger Familien mit dem NamenLöffler. Es wurde wegen
Verbreiterung der Darmstädter-Straße in den 50er
Jahren abgerissen, ist aber allen alten Sprendlinger noch als
„Adler-Eck“ in
Erinnerung.
„Zum roten
Ochsen“ hieß die Gaststätte Ecke
Darmstädter Straße und Erbsengasse, heute
Sprendlinger Weg. Sie wurde in einem Taufprotokoll vom Jahre 1726
erwähnt. Noch nicht aufgeklärt ist die genaue Lage
der vermutlich am Linden-Platz gelegenen Gaststätte
„Zum Hirsch“. Ihr Besitzer hieß 1762
DanielSchlapp,
Bierbrauermeister.
1792 ist Philipp
Müller
Besitzer des „Schwanen“, in der
Hauptstraße. Dessen Nachkommen produzierten in ihrer
Metzgerei die ersten „Frankfurter
Würstchen“.
Heinrich Kroat ist 1717
Eigentümer der Gaststätte „Zum
Engel“. 1935 wurde daraus das
Gemeindeverwaltungsgebäude neben dem Rathaus.
„Zur Krone
hieß
eine Gaststätte, erste Erwähnung 1723, in der
Hauptstraße. Mit ihren zwei Einfahrten bot sie einen ganz
besonders stattlichen Anblick. Sie war Aus- und Umspannort für
Fuhrwerke und Kutschen. In den 60er Jahren wurde sie abgebrochen und an
ihrer Stelle das„Rhein-Main-Hotel“ erbaut.
„Zum
Roß“ hieß die Gaststätte Ecke
Darmstädter-Straße und Vogtei. Sie wurde
vermutlich vor 1700 erbaut und ist heute noch zum Teil erhalten und ist
seit 1794 im Besitz der Familie Stroh/Schäfer.
Das kleine Sprendlingen hatte
damals
aber noch viel mehr Gasthäuser, das heute noch unter anderem
Namen erhaltene „Lämmchen“, Ecke Hellgasse
und Kirchgasse (Alberusstraße), die abgerissenen
Gasthäuser „Frankfurter-Hof“, in der
Hauptstraße Ecke Wiesenstraße
(Auestraße), den
„Isenburger-Hof“ (Volksbank) und die
„Jägerlust“, in der
Wiesenstraße. Noch zu erwähnen wären, wegen
ihrer Tradition, das noch vorhandene Gasthaus „Zur
Sonne“, an der Hengstbachbrücke und die leider auch
abgebrochene Gaststätte
„Herrnbrod“.
Alle anderen, heute vorhandenen
Gasthäuser sind jüngeren
Datums.
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Das
Vogteigericht zu Sprendlingen
Bei diesem Gericht handelte es
sich
um eine niedere Gerichtsbarkeit und unterstand dem Landgraf von Hessen,
die höhere aber dem Grafen von Isenburg. Dieses verursachte
große Reibereien im Bereich der
Zuständigkeiten.
In der niederen Gerichtsbarkeit
wurden Streitfälle, Prügeleien, und Scheltereien
verhandelt, aber nur über Vorkommnisse in Sprendlingen und auf
der Reichsstraße nach Frankfurt, im Abschnitt von Bayerseich
bis zur Frankfurter Steinkaut. Oft gab es Keilereien, die mit
Spieß und Schwert ausgefochten wurden. Das Gericht tagte vier
mal im Jahr, und die Strafen bestanden aus Geldbußen und
Abgaben von Naturalien, meistens in Wein.
Der Vogt wählte aus
den Bürgern einen Schultheiß, den man zur
Unterscheidung von dem durch die Isenburger Grafen eingesetzten
Schultheiß (Amtsschultheiß), als
Gerichtsschultheiß bezeichnete. Die Darmstädter- und
Isenburger Schultheiße waren sich nicht hold und versuchten,
die Abhaltung des Gerichtes durch allerlei Schikanen zu
stören. Durch läuten der Kirchenglocken wurde der
Bevölkerung mitgeteilt, an den Verhandlungen teilzunehmen.Um
diese Benachrichtigung zu unterbinden, hängten die Isenburger
schon mal den Glockenklöppel aus,und so mußte der
Büttel von Haus zu Haus gehen und die Leute benachrichtigen.
Diese Streitereien um die Gerichtsbarkeit endeten erst um 1711 als
Hessen-Darmstadt auf alle Rechte im Isenburger Land
verzichtete.
Ein Bericht von 1478 kennzeichnet den Gerichtsplatz
folgendermaßen: „.. under der linden, unfern der
kirchen, dabei ein gemeiner ziehe- und kettenpronnen stehet, gerade
gegen Jacob Voltzen, des Würts zum Hirsch hof und
stubenfenster herüber“...
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Verzeichnis
der Sprendlinger Schultheiße und Bürgermeister
1478
Henlis? Wilheym,
1497 Henloch? Wilheym,
1500 Henn Wilems,
„Sörgenlochischer
Schultheiß“.Vielleicht immer der Gleiche?
1532 Schwitz Henne,
1548 Ebberts
Jacop,
1555 Schickedantz
Henn,
1576 Schickedantz Ciliax
1650 – 1661 Kieffert Wendelin, Fürstlich
Isenburg-Birsteinscher Oberschultheiß und
Gemeindeschultheiß. Leitete nach 1648 den Wiederaufbau des
zerstörten Sprendlingen.
1657 – 1685 Hunkel Johannes
1690 Kieffert David,
1692
Lenderoth Hans Hermann,
1697 Brinck Johann Daniel,
1706 – 1708 Tonsor (lat. zu deutsch
Schäfer),
1715 Schlapp Johann,1716 Brinck Johann
Daniel,
1717 Löffler Johann Jacob,1763
Schickedanz Philipp,
1767, 1771 + 1772 Schmitt Johann Daniel,
1779 – 1793 Neuwirth Georg Ernst,
1794 – 1805 Klöpper Heinrich Theodor,
1805 – 1810 Leopold Johann Heinrich,
1810 – 1814 Schäfer Valerius,
1815 Löffler Georg Adam,
1817 – 1822 Mai (Vorname unbekannt).
1822 – 1831 Pfaff Jacob,
Ackermann,
1831 – 1843 Kiefer Johann
Christian, Zimmermann,
1843 – 1862 Lorey Philipp
Wilhelm, Ortseinnehmer,
1862
– 1871 Leonhardt Johannes 5.,
Ackermann,
1871 – 1883 Lorey Philipp
Wilhelm, Ortseinnehmer,
1883 – 1901 Lorey Wilhelm August
1901 – 1928 Dreieicher Georg,
1928 – 1933 Stimpert Wilhelm,
Schreinermeister, wurde von den Nazis abgesetzt
1933 – 1945 Storch Dr. Ludwig, wurde von
der amerikanischen Militärregierung abgesetzt,
1945 Ebert
Georg 3., Maurermeister und Gewerkschaftssekretär.
Von den Amerikanern als kommisarischer Bürgermeister
eingesetzt, jedoch wegen Verstoß gegen das Versammlungsverbot
wieder amtsenthoben.
1945 – 1950 Heil Jakob, Stadtoberinspektor a.
D.
1950 – 1957 Ebert Georg 3., Maurermeister
und Gewerkschaftssekretär
1958 – 1965 Banse Wilhelm, Journalist,
1965 – 1977 Scheid Erich, Beamter der
Stadt Frankfurt, bis zur Gründung der Stadt Dreieich
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„Hirschsprung“
und seine Bedeutung
Der Wald war damals, wie aus
alten
Dokumenten und einer alten handgezeichneten Karte zu entnehmen ist,
eingezäunt. Der Zaun hatte in gewissen Abständen
„Einsprünge“ oder
„Hirschsprünge“. Dies waren Erdrampen, die
außen, zum Zaun hin ansteigend, angelegt waren, damit
ausgebrochenes Großwild leicht über den Zaun wieder
in den Waldbereich hineinspringen konnte. So ist es sehr
wahrscheinlich, dass ein ehemals am Waldrand vorhandener Hirschsprung
der Flur den Namen gegeben hat, von der er auf die dort stehenden
Steine übergegangen ist. Nach einer alten Sage soll ein von
Jagdhunden gehetzter Hirsch über einen vollgeladenen Heuwagen
gesprungen sein. Die alte Ortsbezeichnung „Spirendillingen
bei den Hirtzsprung“ deutet darauf hin, dass es vielleicht
doch keine Sage ist, die Sache mit dem Hirschsprung.
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„Ruhe“
Steinmale in Sprendlingen
Sie wurden damals aufgestellt,
um den
Menschen die Möglichkeit zu bieten, ihre auf dem Kopf
getragenen Waren auf dem Weg nach Frankfurt oder Offenbach leichter
abzustellen und sich selber ausruhen zu können. Die Ruhen
waren aus dicken Sandsteinquadern zusammengesetzt, eine dreiteilige
Bank mit erhöhtem Mittelteil. Eine stand in Richtung
Neu-Isenburg am rechten Waldrand und die Zweite an der Straße
nach Offenbach. Erstere wurde, mit einer Bronzetafel versehen, an der
Hirschsprung-Siedlung aufgestellt. Die Zweite, die auf einem Parkplatz
in Richtung Langen einen unrühmlichen Platz gefunden hatte,
wurde auf Veranlassung der „Freunde Sprendlingens“
wieder an der Straße nach Offenbach aufgestellt.
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Hooschebaa
oder Bottche die Spitznamen der Sprendlinger
Hooschebaa bezieht sich auf die
damals überknielange Hosentracht der Buben. Die Sprendlinger
Nachbarn wählten diesen Ausdruck zur Charakterisierung und
Verspöttelung der Sprendlinger. Hooschebaa, auf hochdeutsch
Hosenbein.
Bottche hat die gleiche
Bedeutung und
ist abgeleitet von dem nordwestdeutschen Wort Botz, die Hose. Im Grunde
besagen Bottche und Hooschebaa dasselbe. Wann diese Spitznamen
entstanden sind, läßt sich schwer
feststellen.
Zur Erinnerung daran steht
heute auf
dem Lindenplatz der „Hooschebaa-Brunnen“. Er wurde
von den „Freunden Sprendlingens“
anläßlich der Gründung der Stadt Dreieich
1977 errichtet. Die Hooschebaa-Figur schuf der Sprendlinger
Künstler Hermann Will, der Brunnen wurde von dem Sprendlinger
Steinmetz Arno Baumbusch entworfen und unter seiner Aufsicht auch
ausgeführt. Alljährlich wird auf dem Lindenplatz das
Hooschebaa-Fest gefeiert.
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Sprendlingen
in der Acht
Der Bericht stellt den Ablauf
der
Dinge nur in ganz groben Zügen da. Die Dokumente und Briefe
über diesen Fall sind zu zahlreich, um auf Einzelheiten
einzugehen. Die Achterklärung war eine späte Folge
des Streites der Stadt Frankfurt mit dem Besitzer der Falkensteiner
Erbschaft. Zu dieser Zeit war Werner von Falkenstein Erzbischof von
Trier (1409).
Im sogenannten
„Reichskrieg“ (1364-66) wurden durch Frankfurter
Truppen einige Dörfer im Falkensteiner Gebiet,darunter auch
Sprendlingen, arg in Mitleidenschaft gezogen. Durch die entstandenen
Schäden und die Abholzung des Breitensee- und
Koberstädter Waldes, sah sich Werner von Trier
veranlaßt, bei der Stadt Frankfurt für 8000 Gulden
Ersatzansprüche zu stellen. Dies wurde aber vom Rat
der Stadt Frankfurt abgelehnt. Vermutlich als Folge dieser Ablehnung
belegte Werner von Trier die Besitztümer Frankfurter
Bürger in Sprendlingen mit Steuern. Dadurch entstand ein
jahrelanger Streit, der seinen ersten Höhepunkt in der
Achterklärung fand.
Die Bekanntgabe der
Achterklärung für Sprendlingen erfolgte am 12.
November 1422. Der Kläger war die Stadt Frankfurt und der
Beklagte die Gemeinde Sprendlingen. Wobei der Gemeinde Sprendlingen
Ungehorsam vorgehalten wird, da sie dreimal vor das Hofgericht geladen
wurde und nicht erschienen ist. Deshalb sei sie aus
königlicher Macht und Gewalt in des Reiches Acht getan und aus
dem Frieden und Schutz desReiches genommen und in Unfrieden
gesetzt.
Die Folgen sind: Es
ist
verboten, mit den geächteten Gemeinschaft zu haben, sie in
Haus und Hof aufzunehmen, ihnen Essen oder Trinken zu geben, von ihnen
zu kaufen oder ihnen zu verkaufen und das weder heimlich noch
öffentlich. Gestattet ist, die ungehorsamen
geächteten aufzuhalten, zu bekümmern
(pfänden), anzugreifen und gefangen zu nehmen. Diese
Urkunde ist in Wien ausgestellt, im 36. Jahr der Herrschaft
König Sigmunds in Ungarn, im 13. Jahr seines
römischen Reiches und im dritten Jahr seiner Herrschaft in
Böhmen.
Im Jahre 1425 führte
schließlich der fortgesetzte Ungehorsam der Gemeinde
Sprendlingen zwangsläufig in die Aberacht oder Oberacht. Sie
bedeutet eigentlich die völlige Preisgabe des
Geächteten zur Tötung durch jedermann. Doch
zu dieser Zeit hatte eine Aberachterklärung praktisch keine
zusätzlichen rechtlichen Folgen.
Wann die Acht sowie Aberacht
endeten,
ist heute nicht mehr feststellbar. Denkbar ist, dass die am
Hofgericht erklagten Strafen mit dem Tode Kaiser Sigmunds im Jahr 1437
hinfällig wurden. Der Kirchenbann konnte früher nur
von einem Kirchengericht ausgesprochen werden. Allgemein
bekannt ist heute noch der Gang Kaiser Heinrich des 4. nach Canossa.
Die Acht und die Aberacht waren Strafen die im Gegensatz zum
Kirchengericht nur ein Reichsgericht verhängen
konnte.
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Die
Theisenmühle zu Sprendlingen
Heinrich von Heusenstamm und
seine
Frau Agnes übergaben 1276 dem Kloster Patershausen ihre
Mühle in Sprendlingen. Nach Anlage eines Weihers (1420), wurde
dieser (1428) so verändert, dass auch Hechte darin leben
konnten. 1433 erhielt er eine Ufermauer und später noch einen
Damm. Danach hieß die Mühle, über lange
Jahre „Woogsmühle“ (Woog –
Weiher).
Der Name
„Theißemühle“ stammt vermutlich
von einem Vertrauten des Klosters Patershausen mit dem Namen Theis. Er
führte die Eigentumsübertragung durch. 1420 ging die
Mühle in den Besitz der Familie Müller, die sie bis
1986 ihr Eigen nannte. Es werden viele Geschichten über die
alte Mühle erzählt, z.B. soll der Schinderhannes, der
berühmt-berüchtigte Räuber und
„deutsche Robin Hood“ aus dem Hunsrück
dort einmal mit seiner Bande durchgekommen sein, oder ein russisches
Regiment soll dort Quartier bezogen haben, als es 1812 gegen Napoleon
ins Feld gezogen ist. Sie hinterließen nach
Schießübungen eine Anzahl von
Kugeleinschlägen im
Gebälk.
1967 wurde in der
Mühle ein
Cafe- und Restaurationsbetrieb eingerichtet.Heute ist die
Theisenmühle nur noch Erinnerung. Sie wurde nach dem Verkauf
durch die Familie Müller, am 23. Oktober 1986 in einer Nacht-
und Nebelaktion, angeblich ohne Wissen der Behörde, dem
Erdboden gleichgemacht.
Die „Freunde
Sprendlingens“ sangen am Sprendlinger Abend 1986 ein kleines
Lied mit folgendem Text:
In
einem Kühlen Grunde,
da ging ein Mühlenrad,
die Mühle ist verschwunden,
die dort gestanden
hat.
Freescht
mer bei alle Ämter,
schlägt sich jeder an die Brust,
mir kenne nix dra ännern
mir hawe von nix gewußt.
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Sprendlinger
Schulen
Es ist überliefert,
dass
Erasmus Alberus freiwilligen Unterricht erteilte (1535). Er
unterrichtete eine kleine Gruppe von Schülern (12 an der
Zahl), die aber nicht nur aus Sprendlingen kamen und Kinder
bessergestellter Leute waren. Mit dem allgemeinen
Schulunterricht wurde, nach einer Notiz in der Literatur, 1550
begonnen. In einem Dokument (1585) wird der Name des Schulmeisters als
Georg Glöckner angegeben.
Auf dem Lindenplatz, dort wo
heute
der Hooschebaabrunnen steht, stand bis 1962 die „Alt
Schul“. Sie war aber nicht die erste Schule im alten Ort,
1758 wurde hinter der Alberuskirche, wegen Erweiterung des Kirchhofes,
das alte, schon sehr baufällige Schulhaus abgebrochen. Die
„Alte Schule“ wurde 1772 erbaut. Als diese zu klein
wurde, bezog man 1842 den im Schulgarten der alten Schule erbauten
zwei- später (1899) dreigeschossigen, mit vier
bzw. sechs Sälen errichteten
Neubau. Dieses Schulhaus wurde später die
Mädchenschule und erhielt 1903 offiziell den Namen
„Goethe-Schule“.
Im Garten der
Gaststätte
„Zur Krone“ wurde im Jahr 1881 die
„Schule im Unterdorf“ zweigeschossig mit vier
Sälen gebaut. Es wurde die Knabenschule,
im Volksmund „Böse Bube Schul“. Sie war
aber bald schon zu klein und mußte (1886) um einen Stock, mit
zwei Sälen erhöht werden. 1903 erhielt sie den Namen
„Pestalozzi-Schule“. Mit dem Wachsen des Dorfes
reichten aber bald die beiden Schulen nicht mehr aus und so
entschloß sich der Gemeinderat 1905 zum Bau der
„Schiller-Schule“. Zunächst als Eckbau mit
vier Sälen, an den sich 1907 und 1911 Anbauten
anschlossen. Der heutige Grundriß entspricht einem
liegenden F. Anfang des Jahrhunderts wurde in der
Eisenbahnstraße eine Gewerbeschule errichtet. Weitere Schulen
wurden erst wieder nach dem zweiten Weltkrieg erbaut.
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Sprendlinger
Schullehrer zwischen 1585 und 1851
1585
Glöckner, Georg,
1587 – 1589 Engelhardt, Nicolaus,
1657 – 1664 Bechtel, Jacob,
1668 – 1685 Zahm, Johann,
1685 – 1700 Löffler, Johann
Georg,
1701 – 1714 Kommesser, Johann Heinrich,
1715 – 1735 Petri, Johann Michael,
1735
– 1762 Salzmann, Christian,Lotz, Jonas,
1763 – 1777 Gollgardt, Johann Michael,
1778 – 1816 Ackermann, Johann Philipp,
1816 – 1854 Ackermann, Philipp Wilhelm,
1833 – 1854 Herbert, Michael, als zweiten
Lehrer.
Mit dem Einzug (1842) in die neue Schule wurde 1843 eine dritte und ab
1851 eine vierte Lehrerstelle eingerichtet.
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Kinderbewahranstalt
– Kleinkinderschule
Weil die Mütter in der
kleinbürgerlichen Familie und der Arbeiterfamilie eine
wichtige Arbeitskraft war, bestand das Bedürfnis, im Dorf eine
Kinderbewahranstalt zu schaffen, die man dann später
„Kleinkinderschule“ nannte. Nachdem eine
Kinderbewahranstalt nur kurze Zeit bestand, wurde am 5. Mai1882 die
Kleinkinderschule eröffnet und von Frau Becker geleitet. Sie
mußte aber auch nach ca. einem Jahr wieder geschlossen
werden.
Nun wurde die ev.
Kirchengemeinde
unter Pfarrer Scriba aktiv. Durch Spenden und Kollekten wurden 5 000
Mark aufgebracht. Mit diesem Geld konnte die damalige Blumenthalische
Fabrik, zwischen Haupt- und Schulstraße erworben werden.Am 1.
August 1886 konnte die neue Kleinkinderschule, unter der Leitung von
Frau Scriba und der Kinderbetreuerin Frl. Landwehr, für
hundert Buben und Mädchen eröffnet werden. Es stellte
sich aber bald schon heraus, dass diese Schule auf die Dauer gesehen zu
klein werden würde.
Unterstützt von der Gemeinde ließ der Vorstand der
Kleinkinderschule ein großes, damals imposantes Haus in der
Schulstraße 42 bauen. Am 29. September 1901, einem Sonntag,
wurde diese neue Kleinkinderschule in Anwesenheit des
Großherzogs Ernst Ludwig und seiner Gemahlin festlich
eingeweiht. Zwei Jahre lang wurden Räume dieser Schule von der
Volksschule für Mädchen mitbenutzt. Am 1. April 1920
wurde die Kleinkinderschule von der Gemeinde
übernommen.
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Hochdeutsch
heißt er „Apfelwein“
der vielgepriesene Saft der
Äpfel. Nicht nur in Sachsenhausen wurde gekeltert, auch in
Sprendlingen war und ist noch bekannt für einen guten
Schoppen. Sprendlinger Apfelweinschenken waren beliebt. Von Frankfurt
und Offenbach kamen sie in hellen Scharen, um beim
„Herrnbrod“, in der „Sonn“,
beim „Schmidtche“ (Frankfurter Hof), im
„Roß“, im „Adler“, im
„Lämmche“ und im „Iseboijer
Hof“ einzukehren. Überall
gabs das begehrte Stöffche und wahrlich
kein schlechtes.
Kein Mensch weit und breit
sagte aber
Apfelwein. Man schreibt´s zwar so, aber gesprochen wird es
anders und das anders Gesprochene kann man verschieden schreiben.Zum
Beispiel so: Abbelwei,
Eppelwei, Eppelweu, Äbbelwoi,
Äppelwoi, Ebbelwei, Äppelweu.
Bei uns in Sprendlingen spricht man nur vom „Äppelweu“
und das schreibt man auch so. Äpfel sind „Äppel“
und Wein ist „Weu“.
Klar !
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Hausnummerierung
in Sprendlingen
Mit Einführung der
Brandversicherung, am 1. August 1777, mußten alle
Gebäude geschätzt und nummeriert werden. Das
älteste noch vorhandene Brandkatasterbuch von Sprendlingen
wurde vor 1819 angelegt. Es beginnt mit der Hausnummer 5, heute
Hauptstraße 45. Für evl. Neubauten hatte man
vorsorglich die ersten Nummern freigelassen und endete mit der
Hausnummer 236, heute Hauptstraße 70.
Im ersten Jahr wurden, meistens
verursacht durch Erbteilungen, schon elf Änderungen
eingetragen. So entstanden die Hausnummern mit dem Zusatz, wie z.B. 1
¼, 1 ½, 1 ¾ oder 1a, 1b usw.. Bis zum
Jahr 1849 wurde die Hausnummerierung von 1 bis auf 277 erweitert. Die
Nummerierung fing am Ende der östlichen Seite der
Hauptstraße an und lief bis zur oberen Tempelstraße
und auf der westlichen Seite wieder zurück.
1849 empfahl die
großherzogliche hessische Regierungskommission in Darmstadt
wegen Unübersichtlichkeit, verursacht durch die vielen
Nachträge, ein neues Brandkatasterbuch anzulegen. Dies geschah
1851. Das neue Brandkatasterbuch fing mit der Hausnummer 6 an, heute
FrankfurterStraße 9, und endete mit der Hausnummer 254, heute
Frankfurter-Straße 18. In den Jahren 1851 – 1874
wurden 114 Eintragungen außer der Reihenfolge
getätigt.
Dadurch entstanden Hausnummern,
die
man als äußerst kurios bezeichnen kann. Zu den
normalen Nummern kamen im Laufe der Zeit fünf verschiedene
Ergänzungen hinzu. So gab es Hausnummern mit dem
Zusatz a, b, c usw., 1/10, 2/10, 3/10 usw., 1/100, 2/100,
3/100 usw., 100/1000, 101/1000, 102/1000 usw. und zum Schluß
gab es auch noch Hausnummern mit einem Komma z.B. 258,1, 258,2, 258,3
usw.. Es gab z.B. die Hausnummer 255 104/1000, heute
Wingertstraße 20. Die Hausnummer 255 gab es mit 35
verschiedenen Zusätzen.
Es war ein so großes
Durcheinander entstanden, dass sich fast niemand mehr zurechtfand. Der
Ortsvorstand beschloß, ein neues Brandkatasterbuch anzulegen
und die Nummerierung straßenweise festzulegen. Dies geschah
am 17. Juni 1879, wobei folgende Straßennamen
eingeführt wurden:
Bangertsgasse,
Darmstädter-Straße, Erbsengasse,
Elisabethenstraße, Frankfurter Straße,
Fünfhäusergasse, Hauptstraße, Hellgasse,
Hügelstraße, Kanonenstraße,
Kirchstraße, Lindenplatz, Offenbacher
Straße, Ostendstraße,
Spenglerstraße, Schulstraße,
Tempelstraße, Verbindungsstraße, Vogtei,
Wiesenstraße, Wingertstraße und als
Ergänzung „Außenliegende
Hofreithen“. Dazu einige Namenserklärungen:
Bangertsgasse
- Bangerte – Baumgärten,
Erbsengasse – die Erbse war
Hauptnahrungsmittel, vor der Kartoffel,
Hellgasse – das Wort
„Hell“ kommt von Hohl (Hohlweg),
Kanonenstraße, hier lagerte 1866 der
Artilleriepark des Bundeskorps,
Vogtei – dort war der Sitz des
Vogteigerichtes,
Wingertstraße – (Wingert -
Weingärten) führte zum Wingertsfeld, welches 1745 von
4 500 Mann der französischen Armee, darunter auch ungarische
Panduren als Lagerplatz genutzt und dadurch restlos zerstört
wurde.
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Sprendlingen
und seine Juden
Es
ist die verdienstvolle Arbeit der „Freunde
Sprendlingens“ in einer umfassenden Dokumentation
einen illustrierten Bericht unter dem Titel „Die Sprendlinger
Juden“ veröffentlicht zu haben. Den ersten Hinweis
auf Anwesenheit von Juden in Sprendlingen gibt es 1563, beim Erheben
des „Judenzins“.
1861 wurden 106
jüdische
Personen gezählt, ihre Synagoge und ihr Friedhof wurden in den
Jahren 1830-31 erbaut und eingeweiht. Juden und Nichtjuden lebten in
Sprendlingen sehr gut zusammen. So spendete z.B. ein jüdischer
Bürger 1920 Geld, um die im ersten Weltkrieg eingeschmolzenen
Kirchenglocken der Alberuskirche wieder zu beschaffen. Es gab auch
einen Ortsverein des „Reichsbundes jüdischer
Frontsoldaten“.
Dann kam der 30. Januar 1933.
Bald
schon kamen die ersten Juden zur sogenannten
„Umerziehung“ in das Lager Osthofen. Dort
gab es auch den ersten Toten, seine Urne wurde auf dem
jüdischen Friedhof von Sprendlingen beigesetzt. Am 10.
November 1938, nach der sogenannten
“Reichskristallnacht“, wurde von den Nazis die
Synagoge in Brand gesteckt. Die Sprendlinger Feuerwehr war vor Ort und
durfte nicht löschen, nur die umliegenden Häuser der
Nichtjuden schützen. Zur Erinnerung haben die
„Freunde Sprendlingens“ am Rathaus eine
Gedenkplatte anbringen lassen.
Bis zum Jahre 1939-40 gelang
noch 13
jüdischen Bürgern die Flucht ins Ausland. Die letzten
17 noch hier gebliebenen Juden wurden 1942 nach Osten deportiert. Sie
wurden alle in den Konzentrationlagern der Nazis ermordet. Die
Jüngste war 13 und der Älteste 78 Jahre alt.
Bemerkenswert ist, dass der
jüdische Friedhof während der ganzen NS-Zeit nicht
behelligt wurde. Es gibt dort ca. 180 Grabstätten, versehen
mit 100 Grabsteinen. Das letzte Sterbedatum lautet 28. November 1938.
Auf Veranlassung der „Freunde Sprendlingens“ wurde
1988 auf dem jüdischen Friedhof von Sprendlingen ein Mahnmal
eingeweiht.
Durch heimatkundliche Arbeiten
(1979)
waren die „Freunde Sprendlingens“ auf den Begriff
„Juddeloch“ gestoßen, gemeint war damit
ein mit Hausmüll zugeschütteter Keller. An sieben
Samstagen schafften vier bis sechs Personen 11 cbm, meist schlammigen
Morast, durchsetzt mit Keramikscherben, aus dem unterirdischen
Gewölbe. Herr Schäfer, dem Eigentümer des
Grundstückes, gebührt besonderen Dank für
die Erlaubnis zur Grabung und den Abtransport des Schuttes. Resultat
der Arbeit war die Freilegung eines, aus dem 17. Jahrhundert stammenden
Ritualbades der Juden. Heute steht es unter Denkmalschutz und kann,
nach Rücksprache mit den „Freunden
Sprendlingens“ besichtigt
werden.
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Katholische
Kirche in Sprendlingen
Bis zum Jahre 1875 unterstanden
dieKatholiken von Sprendlingen und dem Neuhof der Pfarrei St.Paul in
Offenbach. Als 1875 die katholisch Kirchengemeinde Neu-Isenburg
gegründet wurde, schlossen sie sich dort an. Ab 1910 besuchten
sie die neu errichtete katholische Kirche inLangen. Die ersten
Gottesdienste, in Sprendlingen selbst fanden ab 1912 zuerst in einem
Saal der Schillerschule, später in einem leerstehenden
Gasthaus (Eisenbahnstraße 23), schließlich in der
Gewerbeschule (Eisenbahnstraße 48), statt.
Unter der zielstrebigen
Führung von Pfarrer Hofmann konnte in den Jahren 1933
–35 die katholische Laurentiuskirche, an der
Eisenbahnstraße erbaut werden. Im November 1935 wurde sie von
Diözesanbischof Dr. Albert Stohr
geweiht.
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Der
Wilhelmshof in Sprendlingen
Dreihundert hessische Morgen,
das
sind 750 000 Quadratmeter, erwarb Wilhelm Voigt aus Frankfurt am 17.
April 1891 im nördlichen Gemarkungsteil von Sprendlingen,
westlich und östlich der heutigen B 3. Dort wollte er eine
Samenzüchterei betreiben, was aber am schlechten Boden
scheiterte. Wilhelm Voigt baute auf seinem Grundstück einen
Gutshof, mit der Absicht in auch selber zu bewirtschaften. Aber trotz
größter Anstrengungen war der Ertrag unbefriedigend.
Der „Wilhelmshof „ wurde nach einigen Jahren von
der Fiduziargesellschaft in Frankfurt übernommen.
Nach der Jahrhundertwende kamen
viele
Eltern auf den Gedanken, ihre Kinder durch Einsatz in fremden
Landwirtschaften mitverdienen zu lassen. Dazu bot sich damals besonders
das Gut Wilhelmshof an. So gingen die Zwölf- bis
Vierzehnjährigen während der Schulzeit stundenweise
und während der Sommer- und Herbstferien ganztägig
zur Arbeit. Ein Arbeitstag brachte in der Regel zwischen 50 und 70
Pfennig, ohne Verpflegung. Arbeitszeit von sieben Uhr morgens bis
achtzehn Uhr Abends. Die Schulferien in Sprendlingen richteten sich
brav nach den Ernteterminen. Kinderarbeit, einer der
größten Auswüchse der wirtschaftlichen
Ausnutzung, gab es auch damals schon für Buben und
Mädchen armer Leute in den Dörfern unserer
Heimat.
Im Jahre 1952 kaufte die Stadt
Sprendlingen das ganze Restgelände des Wilhelmshofes und
schaffte so die Möglichkeit, Industrie- und Wohngebiete zu
erschließen.
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Der
städtische Angestellte
Damit die Kuh des kleinen
Mannes, die
Ziege nämlich, Milch gibt, ist es nötig, dass dieses
nützliche Haustier immer rechtzeitig Mutterfreuden
entgegensieht. Zu den Pflichten einer Gemeinde gehörte,
Ziegenböcke anzuschaffen und zu halten. Im gemeindlichen
Faselstall standen diese, zusammen mit anderen männlichen
Vertretern, wie Bullen und Ebern, ausschließlich zum Zweck
der Arterhaltung.
Eines Tages kam ein
Ziegenhalter mit
seiner Ziege am Strick zu dem Ort, wo in der Regel die Hochzeit der
Huftiere stattzufinden pflegte. Freudig meckernd kam Fritz, so
hieß der Ziegenbock, aus dem Stall, beschnupperte die ihm
zugeführte Schöne, machte aber keine Anstalten, das
zu tun, was man gemeinhin von ihm verlangte. Unerklärlich war
Fritzens Verhalten. Da schlug die Rathausuhr zwölf und als
Fritz darauf gewartet hätte, ließ er die
Geiß Geiß sein, wandte sich ab und trollte wieder
in Richtung Stall. Nur der Florsi, was der Faselwärter war,
wußte das zu erklären. Gelassen sagte er zu dem
verdutzten Ziegenhalter: „Nomm deu Gaas ruich wirre methamm,
de Fritz is en städtischer Aangestellte, der mescht jetzt
meddaok“.(„Nimm deine Ziege ruhig wieder mit nach
Hause, der Fritz ist ein städtischer Angestellter, der macht
jetzt Mittag“.)
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Schilda
läßt grüßen
Als um 1840 die
Main-Neckar-Bahn
geplant und vorbereitet wurde, Frankfurt-Darmstadt-Mannheim zu
verbinden, sollten die Anliegergemeinden für den Bau des
Bahngleiskörpers Grund und Boden kostenlos zu
Verfügung stellen. Die damaligen Gemeindevertreter, meistens
kleine Bauern, beschlossen kein Gelände dafür zu
opfern, mit der Begründung: „voraussichtliche
Gefährdung kleinbäuerlicher Existenzen“ und
als Hauptgrund, das sie als Bauern die Bahn „nicht
benötigen“. Somit waren die Sprendlinger die Bahn
los und so konnte sie schnurgerade zwischen Frankfurt/Luisa und Langen
gebaut werden. Am 28. Juni 1846 wurde sie eröffnet.
Was sich aber die
„klugen
Sprendlinger“ eingehandelt hatten, merkten sie erst jetzt.
Die Belieferer der Frankfurter Märkte und Messen benutzten zum
größten Teil die neue Bahnlinie, und die
Sprendlinger Gasthöfe, in denen sie früher Station
gemacht hatten, merkten das bitter. Auch Schmiede und Wagner hatten das
Nachsehen. Für die Postbeförderung mußte
die Gemeinde, auf ihre Kosten, einen Fuhrverkehr zwischen Langen und
Sprendlingen Einrichten. 30 Jahre nach Inbetriebnahme der Bahn, 15.
Oktober 1876, hielten mitten im Walde die ersten Züge an der
provisorischen Haltestelle „Sprendlingen“. Sie
bestand aus zwei ausrangierten Waggons ohne Räder und dienten
als Dienstraum und Warteraum.
Erst im Jahre 1879 wurde die
Bahnstation, wie sie heute in Buchschlag steht erbaut.Aus diesem Fehler
von 1840 hatte man in Sprendlingen gelernt. Als 1885 die Stadt
Offenbach eine Straßenbahnlinie nach Darmstadt plante, war
man gleich mit 100 Gulden für Vermessungsarbeiten dabei.
Dieses Projekt aber scheiterte. In dieser Zeit reifte auch der Plan
einer Bahnlinie vom Bahnhof Sprendlingen an der Main-Neckar-Bahn,
über Sprendlingen-Ort, Götzenhain, Offenthal,
Urberach u.s.w. nach Offenbach. Das sollte die Dreieichbahn geben. 1896
beschlossen alle an der Strecke liegenden Gemeinden, für die
schon 1890 bewilligte Bahnstrecke kostenlos das benötigte
Gelände zu stellen. Sprendlingen war auch dabei! 1901 begannen
die Bauarbeiten und schon 1905 wurde die Dreieichbahn festlich in
Betrieb genommen. Zum Bahnhof „Sprendlingen-Ort“
wurde sofort eine Straße gebaut, die heutige
Bahnhofstraße.
Zu diesem Kapitel
gehört
aber noch ein Sprendlinger Schildbürgerstreich hinsichtlich
einer Post- und Fernsprechanstalt. Die Oberpostbehörde wollte
in Sprendlingen, da günstig und zentral gelegen, ein Post- und
Fernsprechamt für das Dreieichgebiet errichten. Voraussetzung
war die Abgabe von äußerst billigem Gelände
in geeigneter Lage. Die Gemeindeväter lehnten die
Geländeabgabe ab. „Wer bei uns telefonieren will,
soll auch das Amt bezahlen, uns reicht es, wenn wir Briefe
schreiben“. 1924 wurde in der Bahnstraße in Langen
ein großes Postamt gebaut. Bis in die frühen 60er
Jahre waren die Sprendlinger und Langener Fernsprechteilnehmer noch
alphabetisch im Langener Fernsprechregister. Erst danach gab es
für die Sprendlinger Telefonbenutzer ein eigenes
Telefonbuch.
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Straßen
in Sprendlingen
Nachweislich führte
eine
Römerstraße von Nordwesten nach Südosten,
von Nidda (Frankfurt / Nordweststadt) nach Dieburg (Auderia)
durch die Sprendlinger Gemarkung. In alten Beschreibungen finden wir
auch Hinweise über eine nördliche
Bergstraße, die bis nach Sachenhausen
führte.
In Sprendlingen verlief die
damalige
Durchgangsstraße aber anders als heute. So führte
sie von der Darmstädter-Straße, Ecke Erbsengasse
(heute Sprendlinger Weg) durch eine Furt im Hengstbach, über
den Lindenplatz und die Kirchstraße (heute
Alberusstraße) zur Hauptstraße. Die Frankfurter
Straße und Erbsengasse wurden zwischen 1730 und 1740 und die
Darmstädter Straße zwischen 1785 und 1795
angelegt.
Als älteste Verbindung
nach
Offenbach wurde schon 1598 der Bäckerweg erwähnt. Er
wurde von Sprendlinger Bäckern benutzt, um ihre Backwaren nach
Offenbach zu bringen. Die Offenbacher Straße wurde erst 1818
ausgebaut. Der Schäferpfad führte damals zu der alten
Schäferei Dörrhof, welche im
Dreißigjährigen Krieg zerstört und 1828
aufgegeben wurde. Sie lag westlich zwischen Neu-Isenburg und
Sprendlingen im Walde.
Erst 1878 wurde die
Eisenbahnstraße gebaut, um eine Verbindung zwischen dem Ort
und der Bahnstation Sprendlingen an der Main-Neckar-Bahn herzustellen.
Eine Spende von 390 Mark wurde genutzt, um eine Platanenallee an der
durch freies Gelände führenden Straße
anzulegen.
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Erbteilung,
der Untergang des Bauernstandes
Seit Mitte des 19. Jahrhunderts
treten Arbeiterschaft, selbständige Handwerker und der Handel
mehr und mehr in den Vordergrund. Eine nicht geringe Rolle spielt dabei
die Erbteilung. Starb ein Vater, der mehrere Söhne hatte, so
wurde das ihm gehörende Land unter ihnen aufgeteilt. So ging
es von Generation zu Generation und am Ende blieben nur noch schmale
Grundstücke übrig, die zur Ernährung ihrer
Besitzer nicht mehr ausreichten. Immer größer wurde
die Zahl der Bauern, die unter das Existenzminimum von damals 25 Morgen
Land sanken.
1852 ergab eine
Zählung,
dass der bäuerliche Teil der Einwohnerschaft 43 Prozent
betrug. Im Jahr 1900 waren es nur noch 22 Prozent, und 10 Prozent
hatten überhaupt keinen landwirtschaftlichen Grundbesitz
mehr.Ein bäuerlicher Betrieb hatte wenigstens eine Kuh. Aber
im Jahr 1900 zählte man plötzlich im Dorf 1891
Ziegen, bekanntlich die Kühe des kleinen Mannes.
Da die meisten jungen Leute in
der
Stadt ihr Brot verdienten, fehlten den Bauern die
Arbeitskräfte. So kamen sie auf die Idee, ihre
Grundstücke durch Obstbau rentabel zu machen. Dies gelang aber
nur teilweise. Einmal machte sogar das kleine Sprendlingen mit seinem
Obstbau in der Presse Schlagzeilen. Das Jahr 1899 brachte eine
Rekordapfelernte. Es wurden 20 000 Zentner geerntet und in 100
Eisenbahnwaggons verladen. Das war für die Bauern damals ein
warmer Regen. Andere Bauern verwandelten landwirtschaftliche
Grundstücke in Gärtnereien für Obst,
Gemüse und Blumenzucht. Durch die Großmarkthalle in
Frankfurt war eine gute Absatzmöglichkeit gegeben. Heute geht
es ja leider anders herum, Sprendlinger Obst- und
Gemüsehändler kaufen in der Großmarkthalle
ihre Waren, um sie hier zu verkaufen.
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Das
Steinöl
Als Sprendlingen noch ein armes
Dorf
war, gab es auch keine Straßenbeleuchtung. Es wollte dem
Besitzer von Mariahall und passionierten Pferdezüchter
Dr.Mössinger gar nicht gefallen, wenn er zu später
Stunde von Frankfurt kommend durch die dunklen Straßen
kutschieren mußte. Kurzum, er erbarmte sich und stiftete ein
paar Straßenlaternen, die mittels Stein-Öl
(Petroleum) einiges Licht in die Finsternis bringen sollten.
Der Gemeinderat nahm die Spende
dankbar an, aber einer der Herren Räte war noch nicht ganz
zufrieden, denn er soll allen Ernstes gesagt haben: „Die
Laternen hätte mer ja jetzt, awwer wer stift’s
Staa-Öl?“ Im nachhinein wurde bekannt: Weil es
spät und sehr dunkel war, waren der Kutscher und auch Dr.
Mössinger eingeschlafen und die Pferde, führerlos,
kamen vom Weg ab und so schlug die Kutsche um und die beiden landeten
im Straßengraben. Zu dieser Zeit gab es aber noch
keinen Kanal und die Abwässer wurden in die Gräben
beiderseits des Weges geleitet.
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Industrieansiedlung
in Sprendlingen
Im Jahre 1847 gründete
Heinrich Müller 1. eine Wurstfabrik. Seine
Spezialität war eine dünne, wohlschmeckende Wurst,
die später unter dem Namen „Frankfurter
Würstchen“ weltweit vertrieben wurde. 1898 berichtet
die Sprendlinger Volkszeitung, dass die Wurstfabrik Müller
zwischen dem ersten 1. September und Ende Mai 1895 6.250.000
Frankfurter Würstchen hergestellt hat. 40 Metzgergesellen aus
allen Teilen Deutschlands arbeiteten um die Jahrhundertwende in diesem
Betrieb, der durchschnittlich bis zu 70 Schweine wöchentlich
schlachtete. Nach 1945 wurde die Firma aufgelöst.
Im Jahr 1865 eröffnete
Georg
Adam Löffler eine Obstsektkelterei. In seinem Betrieb
arbeiteten im Durchschnitt 20 Personen. Das 100 jährige
Jubiläum 1965 wurde mit einem großen Fest gefeiert.
1971 verzog das Unternehmen nach Dreieichenhain und wurde
später von der Firma „Westgetränke
GmbH“ übernommen.
Im Jahr 1880 gründete
der
Tischlermeister Karl Ludwig Störmer die Firma
„Holzhandlung, Musikinstrumenten-Fabrikation,
Möbelbau und Dreschmachinenbetrieb
Störmer“. Zuerst wurden hauptsächlich
Musikinstrumente und Möbel hergestellt. Eine
Stammholzschneiderei (Dampfsägewerk) wurde eingerichtet und
die Dampfdreschmaschine der Sprendlinger Dreschgenossenschaft
übernommen. Am 16. Oktober 1903 brannte der Betrieb total ab.
Seit Mai 1966 hat der Betrieb seinen Sitz in Langen.Im Jahr 1882
entstand die Möbelfabrik Johann Georg Schmidt. Am Anfang
spezialisiert auf Küchenmöbel, später auch
Schlafzimmereinrichtungen. Zeitweise wurden 50 bis 70 Holzfacharbeiter
beschäftigt. Der Firmenname lautet heute
„Möbelmarkt Bechtel
Sprendlingen“.
Im Jahre 1907 wurde die
„Gelee und Zuckerwarenfabrik Beck und
Schröder“ gegründet. 30 Personen stellten
Bonbons, Gebäck, Zuckerwaren, Gelee und Konfitüren
her. Als der letzte Inhaber, Herr Theo Schröder, aus dem
zweiten Weltkrieg nicht mehr heimkam, gab sein Vater den Betrieb
auf.
Ebenfalls 1907 siedelte sich
die
erste deutsche Zahnfabrik in Sprendlingen an. Dieses Unternehmen
entwickelte sich bald zum größten und für
lange Zeit wichtigsten Betrieb vor Ort. Sein Gründer Dr.
Heinrich Wienand war Ehrendoktor der „Academica Medicinae
Dentaciae-Germanico-Americana in Chicago/USA und der
Universität von Frankfurt“. In seinen besten Zeiten
beschäftigte das Unternehmen über 300
Personen.
Im Jahre 1908 verlegte die
Gaszählerfabrik Dehm & Zinkeisen seinen Sitz von
Frankfurt nach Sprendlingen. Zuerst wurden nur Gaszähler
hergestellt, später kam dann die Fertigung von Drehteilen,
Verkaufsautomaten und zuletzt Gasregelanlagen hinzu. 1967 wurde das
Unternehmen von der holländischen Firma „H. Gorter
Technisch Bureau N.V.“ übernommen. Das
Fertigungsprogramm erweiterte sich durch Anschluß einer
Hochdruckschweißerei und Heizungsabteilung. Heute
zählt die Firma zu den führenden Betrieben ihrer Art
in Deutschland.
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Arbeiter
organisieren sich
1863 gründete
Ferdinand
Lasalle den „Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein“.
Als im Langener Wochenblatt 1868 eine Anzeige erschien, die zu einer
Versammlung der Arbeiter einlud, entstand unter den Arbeitern aller
Dreieichorte große Aufregung und Spannung. Im Dezember 1871
annoncierten die Holzhauer, sie würden in der
Gaststätte „Zur Krone“ einen
Arbeiterverein ins Leben rufen. Am 23. Mai 1886 gründeten dann
50 Maurer in der Gaststätte „Zum Adler“
eine Zahlstelle des Fachvereins der Maurer.
So begannen sich die Arbeiter langsam auf Partei- und
Gewerkschaftsebene zu organisieren. Sprendlingen und Dreieichenhain
wurden schon bald „die roten Gemeinden“ genannt,
und mit deren Stimmen errang der Sozialdemokrat Wilhelm Liebknecht 1877
zum ersten Mal die Mehrheit in Stadt und Kreis Offenbach. Als er 1881
auch die Mehrheit im Kreis Dieburg erlangte, zog er für den
Wahlkreis Offenbach – Dieburg in den Reichstag ein.
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Erste
Vereinsgründungen
Im Gasthaus „Zum
Löwen“, später
„Darmstädter Hof“, wurde 1848 von jungen
Leuten die „Sprendlinger Turngemeinde“
gegründet. Da man zu der Zeit noch keine Turnhalle kannte,
fand das Turnen im Freien und zwar im Garten des Gasthauses
„Zum Engel“ im heutigen Rathaushof statt. Mit dem
Zusammenbruch der bürgerlichen Revolution ging auch das
allgemeine Verbot der Turnvereine.
1860 schlossen sich die Turner
erneut
zusammen und durch Eigenhilfe entstand 1920 in der
Rhönstraße eine Turnhalle mit Vereinshaus und
Gaststätte. Während des zweiten Weltkrieges
beschlagnahmte die Wehrmacht die Turnhalle und benutzte sie als
Unterkunft und Bekleidungslager. Zweimal, im September 1941 und im
März 1944, wurde die Turnhalle durch Bomben und Brand fast
völlig zerstört. Erst 1949 begann unter Leitung von
Heinrich Stroh der Wiederaufbau.
1864 wurde der
Männergesangsverein „Teutonia“ und 1872
der Gesangsverein „Eintracht“ gegründet.
Im Jahr 1886 wurde die „Turngesellschaft“ ins Leben
gerufen. Diese schloß sich bald darauf dem allgemeinen
Arbeiter- Turn- und Sportbund an. 1918 konnte der Verein ein
Grundstück in der Seilerstraße erwerben. Es wurde in
den Anfangsjahren als Turngarten genutzt. 1920 entstand
darauf in Selbsthilfe eine Vereinsgaststätte mit
Nebenräumen und Turnsaal. Aus politischen Gründen
wurde der Verein von den Nazis aufgelöst, und sein Eigentum
wurde dem Fußballverein 06 übergeben. Nach dem
Zusammenbruch des „Dritten Reiches“ trat die
Turngesellschaft, zusammen mit anderen Korporationen, unter dem Namen
„Sport- und Kulturgemeinschaft“ an die
Öffentlichkeit.
1892 wurde auf Anregung von
Dr.Becker, vom Sanitätsverein, ein kleines Freibad (Volksbad)
an der Theisenmühle eingerichtet. Es war bis zur Einweihung
des „Marienbades“ 1927, heute Parkschwimmbad, die
einzige öffentliche Bademöglichkeit vor Ort.
Nachdem sich der 1902
gegründete „Fußballclub
Germania“ wieder aufgelöst hatte, wurde 1906 der
„Fußballverein 06 Sprendlingen“ aus der
Taufe gehoben. Dem Verein wurde, wie oben schon erwähnt, 1933
die Lokalität der Turngesellschaft zugewiesen. Dort blieb er
auch, nach dem Krieg, als Teil der Sport- und Kulturgemeinde, bis er
sich in den 60er Jahren wieder selbständig machte.
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Wasser
– Gas – Strom
Über die
Wasserversorgung
der Gemeinde machte man sich ernstlich erst nach dem 16. Oktober 1903
Gedanken. An diesem Tag war die gesamte Dampfschreinerei und Drescherei
Georg Störmer, in der Frankfurter Straße, bis auf
die Grundmauern abgebrannt. Die Wasserversorgungsanlagen, die auch
für das Löschwasser herhalten mußten,
bestanden zu dieser Zeit nur aus einigen öffentlichen und
privaten Brunnen.Während der Bekämpfung des
Großbrandes waren alle Brunnen leergepumpt worden. Das dann
fehlende Löschwasser mußte mit Pferdefuhrwerken aus
Neu-Isenburg herangeschafft werden.
Danach blieben Wassergewinnung
und
Wasserversorgungsanlage lange das Thema eins in der
Bevölkerung und im Gemeinderat. Bürgermeister
Dreieicher gab nicht auf und am 3. Januar 1904 hielt Professor Klemm
aus Darmstadt einen Vortrag über die Wasserversorgung von
Sprendlingen. Seine Empfehlung war, eine Grundwasserleitung wie in
Neu-Isenburg zu bauen.Voraussichtliche Kosten 160 000 Mark.
Diskussionsredner machten das Fehlen von Wasser und Licht
mitverantwortlich, dass Sprendlingen in seiner Entwicklung hinter der
Nachbarorten Neu-Isenburg und Langen zurück blieb.
In der Gemeinderatssitzung vom
25.
Mai 1905 wird beschlossen, mit acht gegen sieben Stimmen, ein Gas- und
Wasserwerk zu bauen. Im März 1906 war Baubeginn und
schon im Dezember des gleichen Jahres konnte das Gaswerk in Betrieb
genommen werden. Ab dem Frühjahr 1907 wurden die
Straßen zum ersten Mal mit Gaslaternen beleuchtet. Durch die
inzwischen in den Straßen und Häusern installierten
lief das erste Wasser im Juli 1907. Nach der Inflation, Anfang 1924,
befaßte sich der Gemeinderat mit der allgemeinen
Stromversorgung. Dieser sollte vom Elektrizitätswerk Offenbach
bezogen werden.Von 900 Fragebogen, die an die Haushaltungen verteilt
wurden, kamen 300 mit Einverständniserklärungen
zurück. Am 12. Juli 1924 wurde die Einführung der
Elektrizität in Sprendlingen, vom Gemeinderat
beschlossen. Als der Strom am 12. Februar 1925 eingeschaltet wurde,
waren, trotz vieler Widerstände, die Anschlüsse auf
800 gestiegen.
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Rathausbau
Weil die Gemeinde stetig
größer wurde und die Bürgermeisterei in der
Eisenbahnstraße 20 räumlich ihren Aufgaben nicht
mehr gewachsen war, reifte im Gemeinderat, energisch gefördert
durch Bürgermeister Dreieicher, der Plan, ein eigenes Rathaus
und eine gemeindeeigene Apotheke zu bauen. Die Gemeinde schrieb einen
Planwettbewerb aus, der 45 Entwürfe brachte. Die Architekten
Georg Löffler und Heinrich Hunkel, beide aus Sprendlingen,
wurden im November 1908 mit der entgültigen Planung
beauftragt. Nach Abriß mehrerer abbruchreifer
Bauernhäuser und Einplanung der Rathausstraße,
konnte im Frühjahr 1909 mit den ersten Arbeiten begonnen
werden. Nach Fertigstellung beider Gebäude wurden diese am 21.
August 1910 feierlich ihrer Bestimmung übergeben.
Im Jahr 1935 wurde das auf der Hauptstraße neben dem Rathaus
stehende Gasthaus „Zum Engel“ von der Gemeinde
gekauft. Nach entsprechendem Umbau wurde es dem Rathaus als
Erweiterungsbau angegliedert. Als das Rathaus, verursacht durch das
schnelle Wachsen der Stadt, zu klein wurde, mußte man in der
Rathausstraße anbauen, um Räume für den
Magistrat und die verschiedenen Fraktionen zu schaffen.
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Franzosenzeit
Sprendlingen war der letzte Ort
im
unbesetzten Gebiet: Am 22. Und 23. Dezember 1918 rückten
französische Truppen in den sogenannten
„Brückenkopf Mainz“ (30 Km im Umkreis um
Mainz) ein. Dabei wurden auch Langen und Buchschlag besetzt. Feldposten
gingen an den Waldrändern in Stellung, um diese
willkürlich gezogene Grenze zu schützen. Sie durfte
nur mit einem französischen Passierschein
überschritten werden. Die engen verwandtschaftlichen,
freundschaftlichen und beruflichen Beziehungen zwischen Langen und
Sprendlingen waren die Ursache, dass oft auch illegal die Grenze
passiert wurde. Man durfte sich halt nicht erwischen lassen, sonst
wurde es teuer, und wer die Strafe nicht gleich bezahlen konnte,
wanderte in den Knast.
Als dann am 28. Juni 1919 in
Versailles und St. Germain der Friedensvertrag zwischen Frankreich und
Deutschland unterzeichnet wurde, erhielt der Brückenkopf
„Mainz“ den Charakter eines Zollgebietes. Am
Ortsausgang von Langen war die Grenze, und dort wurde von den Franzosen
(1923) ein hoher Erdwall aufgeschüttet, um sich noch
deutlicher von dem unbesetzten Deutschland abzugrenzen. Der
Eisenbahnverkehr zwischen Frankfurt und Darmstadt wurde am 3. Juli 1923
verboten. Alle Eisenbahnzüge (auch Eil- und
Güterzüge) mußten dann den Umweg
über Buchschlag/Sprendlingen) – Oberroden nach
Darmstadt in Kauf nehmen. Am 10. Juli wurde auch diese Strecke
unterbrochen. Eine französische Radfahrabteilung besetzte bis
zu ihrem Abzug im Frühjahr 1924 den Sprendlinger
Bahnhof.
Durch die nahe Grenze wurde
Sprendlingen zum Umschlagplatz von Schmuggelware. Besonders gefragt im
unbesetzten Teil Deutschlands waren Öl, Fett, Kaffee, Kakao,
Parfüm und Reis. Zu schmuggeln versuchte jeder, ob jung, alt,
arm oder reich, den diese Waren gab es im freien Teil des Reiches kaum
zu kaufen und wenn ja, in der Inflationszeit für den
Normalbürger nicht zu bezahlen. Die Besatzungszeit endete am
1. Juli 1930. Zur Erinnerung an diese Grenze steht an der
Böschung hinter der Ampelanlage zwischen Langen und Offenthal
ein Gedenkstein.
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Zeit
des Nationalsozialisten – 2. Weltkrieg
Mit der Wahl von Wilhelm
Stimpert zum
Bürgermeister (1929) wurden die Sozialdemokraten die
führende Kraft im kommunalen Raum. Damals sah im Dorf der
Maurer und Pflasterer, das Wahlmosaik wie folgt aus: SPD 46,6 % - KPD
18,2 % - Bürgerblock(DDP – DVP und Zentrum 35,1%.
Das hatte zur Folge, daß die Arbeiter regierten,
während sich Handwerk und Gewerbe nicht durchsetzen
konnten.
Schon die Reichstagswahl vom 5.
März 1933 (Hitler hatte am 30. Januar die Macht ergriffen)
zeigte die Verwirrungen in einer Arbeitergemeinde und dies spiegelte
sich auch in den Wahlergebnissen wider: SPD 31,1% - KPD 28,1%
- NSDAP 33,6%. Den Rest der Stimmen teilten sich weitere sieben
Parteien.
Bürgermeister Stimpert
wurde
sofort seines Amtes enthoben und die Nationalsozialisten setzten
Dr.Storch ein, ein Mann mit ihrer Weltanschauung. Nun folgte auch hier,
was zum braunen Alltag gehörte: Kommunisten und
Sozialistenhatz, Gleichschaltung der Vereine und Organisationen, Verbot
der Gewerkschaften und Judenhaß. In Sprendlingen lebten bei
der Machtergreifung der Nazis 174 Juden. Der letzte jüdische
Bürger wurde 1943 in ein KZ eingeliefert. Zum Glück
konnte die überwiegende Mehrheit dieser bedauernswerten
Menschen ins Ausland flüchten.
Die Saar kehrt heim. Die braune
Führung wollte aber auch örtliche Leistungen zeigen
und so wurde das in den 20er Jahren von der republikanischen Regierung
erarbeitete „Reichsheimstättengesetz“ aus
der Schublade geholt. In den Jahren 1934-38 entstanden die Siedlungen
„Auf der Schulwiese“ und „Am
Wilhelmshof“. Die Arbeiten wurden zum
größten Teil in Selbsthilfe
ausgeführt.
Am 9. November 1938, in der
sogenannten „Reichskristallnacht“ wurde die
jüdisch Synagoge von Sprendlingen durch Entzünden von
eingegossenem Benzin in Brand gesteckt und völlig
zerstört.
Noch ein dunkles
Kapitel in
der Geschichte von Sprendlingen soll hier angesprochen werden und zwar
die Verluste der Bevölkerung durch englische und amerikanische
Bombenabwürfe. Zwischen 1940 und 1944 wurden durch alliierte
Flugzeuge ca. 200 Sprengbomben derverschiedensten Kaliber und Tausende
von Brandbomben über der Gemarkung von Sprendlingen
abgeworfen. Zum Glück fiel der
größte Teil dieser Bombenlast auf freies
Gelände und konnte somit keinen Schaden anrichten.
Der erste Bombenabwurf war in
der
Nacht vom 3. auf den 4. Juni 1940. Dabei entstand aber nur
Flurschäden in dem Gebiet um den Reuterpfad. Im Sommer 1941
fielen vereinzelt Bomben im Sprendlinger Feld und verursachten
ebenfalls nur Flurschäden. Die Bombenabwürfe vom 12.
auf 13. September 1941 verursachten dagegen schon
größeren Schaden im Bereich der Wohngebiete. 2
Wohnhäuser wurden durch Volltreffer zerstört und 2
weitere schwer beschädigt, 10 Scheunen und
Hintergebäude fielen den Brandbomben zum Opfer. Zum
Glück keine Opfer unter der
Zivilbevölkerung.
Bei Bombenabwürfen in
der
Nacht vom 10 auf den 11. April 1943 wurden 1 Wohnhaus, 1
Bürogebäude, 1 Kohlenlagerplatz, 1 Scheune sowie 2
Hintergebäude durch Spreng- und Brandbomben zum Teil schwer
beschädigt. Keine Personenverluste. Bei
Bombenabwürfen am Abend des 23. Dezember 1943 entstand
folgender Schaden: 5 Wohnhäuser wurden total
zerstört, 11 Wohnhäuser und 1 Scheune mittel- bis
schwer beschädigt und zum ersten mal auch 3 Fabrikanlager in
Mitleidenschaft gezogen. Es gab aber auch leider 4 Todesopfer zu
beklagen.
Beim Tagesangriff am 29. 1.
1944 war der Schaden ebenfalls sehr groß:
Totalschaden an einem Wohnhaus, 20 Wohnhäuser und 7 Scheunen
erlitten mittlere- bis schwere Schäden. 4 Todesopfer. Die
Bombenabwürfe vom 18. 3. und 22. 3. 1944 forderten gleichfalls
große Opfer. Mittelschwer beschädigt wurden 10
Wohnhäuser, 12 Scheunen, 2 Fabrikgebäude, 1 Turnhalle
und 2 Lagerhallen. Bei einem Tagangriff am 25. 9. 1944 wurden folgende
Schäden registriert: Totalschaden 1 Wohnhaus und 1 Scheune.
Mittel- bis schwer beschädigt 5 Wohnhäuser, 4
Lagerhallen, 2 Fabrikenund das Gaswerk. 1 Todesopfer. Der letzte
Bombenabwurf erfolgte am 8. 10. 1944 und verursachte erneut
mittleren und schweren Schaden an 3 Wohnhäuser und dem
Sprendlinger Wannen- und Brausebad.
Diese Schäden sind
nicht
entstanden weil hier größere Industriebetriebe
vermutet wurden, sondern sie resultierten nur alleine aus
Notabwürfen und von den Flugzeugbesatzungen der Alliierten die
das Abwehrfeuer der großen Städte
fürchteten. Im großen und ganzen hatten wir hier
noch viel Glück, zum Vergleich in Neu-Isenburg fielen
dortbfast 500 Wohnhäuser den Angriffen zum
Opfer.
Am Montag den 26.3.
1945
morgens um 6 Uhr begann eine Schießerei. Dabei wurden noch
einige Gebäude vor dem Einrücken der amerikanischen
Truppen durch feindlichen und deutschen Artilleriebeschuß
beschädigt. Amerikanische Panzer kamen von Langen her, bogen
in die Hainer-Chaussee ein, schwenkten in den Weg zur
Theisenmühle, durchfuhren die Hohl (sie ist heute nicht mehr
vorhanden), rollten die Herrnrötherstraße entlang
bis zum Zigarrenhaus Keim auf der Hauptstraße und besetzten
als erstes das Rathaus. Mit diesem Schwenk über die
Theisenmühle umfuhren sie die aus dicken Baumstämmen
am Ortseingang errichtete Panzersperre, die aber zu diesem Zeitpunkt
nicht geschlossen war, sie war nur in ihrer Durchfahrt zu schmal. Diese
und eine zweite am Ortsausgang Richtung Neu-Isenburg musste in den
letzten Tagen, vor dem Einmarsch der Amerikaner auf Befehl des
Ortsgruppenleiters der NSDAP von Einheiten der Hitler-Jugend und den
noch im Ort vorhandenen alten Männer erbaut werden.
Gegen 9 Uhr marschierten
amerikanische Fußtruppen durch Sprendlingen und um 12 Uhr war
die ganze Gemarkung durchkämmt und überrollt. Es gab
keine größere Kampfhandlungen. Trotzdem
mußten einige amerikanische und auch deutsche Soldaten ihr
Leben lassen. Im Feld, an der Offenbacher Straße, wurde ein
amerikanischer Panzer von der am Waldrand in Stellung gegangenen
Heimatflak abgeschossen. Die erste Maßnahme der
Besatzungsmacht war, alle Häuser in der Adolf Hitler
Straße (heute Liebknechtstraße) mussen sofort von
ihren Bewohnern verlassen werden um Quartiere für die Besatzer
zu
schaffen.
Für die
übrigen
Einwohner von Sprendlingen war damit der Krieg beendet und sie konnten
endlich ruhig schlafen. Die traurige Bilanz des 2. Weltkrieges laute
für Sprendlingen bei ca. 8 000 Einwohnern 318 Gefallene,195
Vermißte und 33
Ziviltote.
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oben
Amerikanische Truppen stehen
vor Sprendlingen
Hektisch wurden an den
verschiedenen
Ortseingängen Panzersperren gebaut. Ältere
Männer, Volkssturm und Hitlerjugend gruben von einer Hauswand
zur anderen quer über die Straßen tiefe
Gräben. Darin wurden die am Isenburger Wald gefällten
Bäume in zwei Reihen aufgestellt und mit Erde
verfüllt. In der Mitte wurde vorerst eine sehr schmale
Durchfahrt freigelassen. Die beim näherkommen der Feinde quer
mit Baumstämmen versperrt werden sollte. Das ganze Bauwerk war
nach meiner Schätzung ca. 2,50 – 3,0 m hoch. Diese
Sperranlage wurde von bewaffneten Volkssturmmännern
bewacht.
Bei dieser Schanzarbeit in der
Darmstädter Straße hatte ich, für mich,
damals nicht ganz begreifliches Erlebnis. Ein älterer Mann
sagte ganz beiläufig zu mir: „werf des Ding
weg“. Er meinte mein H-J Abzeichen an meiner Mütze.
„Warum“ fragte ich , worauf wir ein
längeres Gespräch hatten. Danach ging ich
betrübt nach Hause und montierte von meiner Uniform alle
Rangabzeichen und sonstige Auszeichnungen, auf die ich bisher sehr
stolz war, ab und warf sie mit einem Hitlerbild in unser Puhlloch
(Jauchegrube). Einen Trommelrevolver den mir noch meine Tante gab,
hängte ich an einen Nagel, unter das Sitzbrett des Plumpsklos.
Der Volkssturm, alles alte Männer, und H-J Buben wurden jetzt
als letztes Aufgebot zu den Waffen gerufen und vom Ortsgruppenleiter
vereidigt. Notdürftig ausgebildet am Karabiner 98 und der
Panzerfaust sollten sie noch einmal das Kriegsglück
wenden.
Kurze Zeit später
verschwand
die politische Führung samt Ortsgruppenleiter und dem
Feuerwehrauto in Richtung Vogelsberg. Die Flakbatterien auf dem
Wilhelmshöfer Feld hatten sich an den Waldrand zurück
gezogen und dort in Stellung gegangen. An den Geschützen je
ein invalider Flaksoldat und sonst nur Heimatflakler, 15-17
jährige H-J Buben. Von Ferne hörte man schon
öfters das bellen der Artillerie und am Himmel kreiste,
ziemlich tief, ein langsam fliegender amerikanischer
Aufklärer. Der Sprendlinger Volkssturm erhielt den Befehl sich
in Richtung Offenbach zurückzuziehen. In den
Straßengräben rechts und links der Straße
fand man später viel weggeworfene Waffen,
hauptsächlich Gewehre und Handgranaten.
Unsere tapferen Krieger
erreichten
noch am selben Tag, mit einem kleinen Umweg, über Heusenstamm
und Gravenbruch wieder ihre Heimat. In den Abend- und
Nachtstunden, vom 24. auf 25. März, durchzogen lange Kolonnen
von Kriegsgefangenen unser Ort über die
Herrnrötherstraße in Richtung Offenbach. Sie wurden
bewacht von älteren Soldaten mit sehr langen Flinten, bestimmt
aus dem ersten Weltkrieg. Auch sie hatten schon längst ihre
Munition weggeworfen. Zwischendrin schoben die Gefangenen
Drückkarren mit ihren Habseligkeiten. Vor unserer Dreschhalle
ging ein Rad eines solchen Karrens entzwei. Es war ausgetrocknet und
sprang aus dem Eisenreifen. Mein Cousin brachte Draht und so konnten
die Männer den Karren notdürftig reparieren und
weiterfahren. Am anderen Vormittag hörten wir die Detonationen
schon recht nah und so langsam wurde uns die Sache doch ein
bißchen mulmig. Jetzt wußten wir Bescheid und es
konnte nicht mehr lange dauern und die Amerikaner würden vor
Sprendlingen stehen. Würde es eine Schießerei geben
oder kamen wir glimpflich davon? Selbstbewußte
Bürger hatten dafür gesorgt, daß die
Panzersperren nicht geschlossen wurden.
Die Amerikaner hatten einen
anderen
Weg gefunden. Sie umfuhren die Sperren und zwar über die
Hainer Chaussee, den Weg zur Theisenmühle, den
Herrnröther Weg und dann beim Denjes (Zigarren Keim) auf die
Hauptstraße und schon standen sie vor dem Rathaus. Ohne dass
ein Schuss fiel. Wir saßen in unserem Schutzraum und
hörten auf einmal quietschende Geräusche. Was war
das? Mein Cousin und ich schlichen nach oben. Ein kurzer Blick durch
das Fenster brachte uns Gewissheit. Über der Friedhofsmauer
sahen wir einige Panzerkuppeln mit ihren großen
Geschützrohren und an ihrer Seite prangte kein Balkenkreuz
sondern ein weißer Stern. Das waren die Amerikaner, jetzt
waren sie da, unsere Feinde.
Wir liefen so schnell wir
konnten
wieder in den Keiler zu den anderen. Mein Herz schlug bis zum Hals.
Meine Tante, mit dem kleinen Erwin auf dem Arm, wollte das auch sehen,
ging nach oben und am Hauseck stieß sie mit einem Amerikaner
zusammen. Sie war sehr schnell wieder im Keller. Am 26. März
1945 war für uns der Krieg beendet und wir hatten, Gott sei
Dank, überlebt.
Aber draußen ging es
noch
weiter. Panzer und Fahrzeuge mit aufgesetzter Infanterie fuhren
Richtung Offenbach und wurden von der deutschen Flak beschossen. Sie
machten sofort kehrt um hinter den Häusern Deckung zu suchen.
Beim Umkehren hat es dann einen der Panzer erwischt. Das Geschoss der
Flak schlug zwischen den Ketten in den Innenraum des Panzers und
explodierte dort. Alle Insassen waren sofort tot. Jetzt feuerte die
Flak natürlich auch ins Ort. Es entstand aber nur leichter
Sachschaden. Eine explodierende Granate riss den Fasselwärter
vor unserer Dreschhalle von den Füßen.
Außer einer Kanne voll Milch, die auf die Straße
floss, hatte er keinen weiteren Schaden.
Von deutschen Soldaten hatte
man
bisher, nur ein paar SS-Leute gesehen, die mit Fahrrädern, an
denen rechts und links je eine Panzerfaust hing, so schnell sie konnten
in Richtung Waid verschwanden.
Aber was wir jetzt sahen,
verschlug
uns den Atem, hunderte von amerikanischen Fahrzeugen. Panzer,
Artillerie, und LKWs mit aufgesetzten Mannschaften ohne Ende. So was
hatte ich noch nicht gesehen und dagegen wollten wir den Krieg
gewinnen! Wegen des Beschusses durch die Flak nahmen einige der Panzer
hinter den Gebäuden Deckung. Einer walzte unseren Zaun nieder
und stand hinter der Dreschhalle, einer hinter unserem Haus und ein
anderer durchbrach das Tor und stand in Raubels Feldscheune.
Jetzt kam auf einmal ein
Amerikaner
zu uns in den Keller und sprach uns auf englisch an. Wir verstanden ihn
nicht. Da versuchte er es anders, er machte
„gag-gag“ und eine Bewegung als wenn er ein Ei
aufschlagen wollte. Jetzt hatte meine Tante verstanden, gab ihm zwei
Eier und er verschwand wieder. Wir bemerkten, dass in unserer
Dreschhalle eine ganze Einheit beim Essen war. Neugierig wie ich war,
schlich ich nach oben. Als ich das Türchen öffnete,
um hinein zu schauen, deutete ein Amerikaner mit dem Finger auf mich
und machte „bum“, wie ein geölter Blitz
verschwand ich, unter dem Gelächter der Amerikaner. Im Keller
war wieder einer und strich mit dem Messer über ein
Stück Keks. Ein Glas Brombeergelee schmeckte ihm scheinbar so
gut, dass er sich später noch eines holte, ohne zu fragen.
Nach Abzug der Amerikaner aus unserem Haus stellte meine Tante fest,
dass außer einer Bratpfanne, einem Fotoapparat, auch noch Ein
Kasten mit Silberbestecken verschwunden war.
Auf der Kellertreppe wurde ich
fast
von mehreren Amerikanern umgerannt. Sie waren auf dem Weg in den Keller
um Deckung zu suchen. Eine Staffel M 109 und drei amerikanische
Jäger beschossen sich. Ich beobachtete wie der Soldat mit dem
MG auf dem Panzer hinter unserem Haus mit geschlossenen Augen einfach
in den Himmel ballerte, egal wohin. Nachdem die Flak am Waldrand ihr
Feuer eingestellt hatte, sprengte sie die Geschütze mit
Rohrkrepierer in die Luft und ergaben sich. Außer den
Motorgeräuschen der Amerikaner hörte man so viel wie
gar nichts mehr. Es wurde nicht mehr geschossen.
Der amerikanische
Ortskommandant
belegte die deutsche Bevölkerung mit einer totalen
Ausgangssperre. Es wurde vermutet, dass er sie erst wieder lockerte,
nachdem er die gut gepflegten Gräber der abgeschossenen
englischen Flieger auf unserem Friedhof besichtigt hatte. Wir durften
dann die Häuser Vor- und Nachmittags, je zwei Stunden
verlassen.
Jetzt kam unsere Zeit.
Vormittags
verschwanden wir im Wald und kamen erst Nachmittags wieder
zurück. Alle verlassenen Stellungen und
Schützenlöcher - egal ob deutsch oder amerikanisch -
wurden durchsucht. Hauptsache, wir brachten was zum Essen mit nach
Hause. Natürlich wurde auch viel Unsinn gemacht. Dass soviel
wie nichts passierte, grenzte an ein Wunder. Überall fand man
Gewehre, Handgranaten, Panzerfäuste, MGs und sonstige
Kriegswaffen. Dabei fanden wir aber auch am Waldrand einen deutschen
Feldwebel. Er hatte ein Bild, von seiner Frau und einem Kind in der
Hand und hatte sich selber mit einer 08 erschossen. Wir meldeten es auf
der Ortskommandantur. Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem
Sprendlinger Friedhof.
Bilanz des Krieges für
Sprendlingen: 9 tote Zivilpersonen durch Bomben - ca. 25
zerstörte Wohnhäuser - ca. 40 schwer
beschädigt - ca. 30 Scheunen und ca. 10 Fabrikgebäude
abgebrannt. Außerdem: 318 gefallene Soldaten - 195 Vermisste
und 33 Zivilpersonen die auswärts ums Leben kamen.
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Sprendlingen
bekommt Stadtrechte
In unserer Gemeinde lebten seit
Jahrhunderten fast nur Einheimische, also Menschen, die im Ort geboren
wurden. Höchst selten, dass durch Eheschließungen
Auswärtige hinzustießen.Das alles
äußerte sich geradezu revolutionär am Ende
des 2. Weltkrieges. Erst mussten die Ausgebombten der umliegenden
Städte aufgenommen werden und bald darauf begannen die
Zuweisungen von Menschen, die aus ihrer angestammten Heimat im Osten
unseres Reiches flüchteten oder vertrieben wurden. Tausende
sind in unsere Gemeinde geströmt. Aus uns oft unbekannten
ostpreußischen, böhmischen oder schlesischen
Gegenden, mit Mundarten, Wesensmerkmalen und Lebensvorstellungen, die
denen der Sprendlinger Bürger völlig fremd waren.
Diese bedauernswerten Menschen hatten aber nur einen Wunsch: eine
Unterkunft, etwas zu Essen und endlich wieder ein geordnetes Leben. Der
so schon beengte Wohnraum musste noch einmal geteilt werden, und das
ging nicht überall ohne Spannungen ab. Aber es spricht
für die Einheimischen und die Hinzugekommenen, dass sie in
kürzester Zeit miteinander auskamen. Eine dadurch entstandene
„Blutauffrischung“ tat dem alten Sprendlingen
gut.
Die Einwohnerzahl
überstieg
in kurzer Zeit die 10 000, und das ist die Voraussetzung
dafür, das eine Landgemeinde zur Stadt erhoben werden kann. In
einem Kabinettbeschluss des hessischen Staatsministeriums vom 28. Mai
1947 wurde der Gemeinde Sprendlingen das Stadtrecht verliehen. Der
Stadtverwaltung wurde zur Auflage gemacht, sich ein Stadtwappen und
eine Stadtfahne zu wählen. Als Stadtfarben wählte man
grün und rot. Diese Farben wiederholen sich im Stadtwappen,
das einen roten Hirsch, springend von einem grünen Stein zu
einem anderen auf silbernem Grund zeigt. Dieses Motiv geht auf den
schon erwähnten „Hirschsprung“
zurück.
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Abwasser
– Kanal – Müll
In früheren Zeiten
wurden
alle Haus- und Küchenabfälle selbst entsorgt. Da fast
in jedem Haushalt Kleinvieh vorhanden war, wurde auch ein Misthaufen
angelegt. Auf ihm landeten alle Abfälle, die sich zu Kompost
verarbeiten ließen. Die menschlichen Exkremente wurden in
einer Jauchegrube gesammelt, die einen Überlauf zu einer
Sickergrube hatte. Wenn die Jauchegrube voll war, wurde sie geleert und
als Dung auf den Feldern verbreitet. Es kam schon manchmal vor, dass in
einer regnerischen Nacht die Flüssigkeit aus der Jauchegrube
auf die Straße geschöpft wurde. Gesehen hat man am
anderen Tag nichts mehr, aber gerochen. Auch alle anderen
Abwässer liefen auf die Straße und in
Ablaufgräben durch das ganze Dorf. Sie waren ein
ständiger Seuchenherd. Diese Zustände waren alles
andere als gesund. Es wimmelte von Ratten und sonstigem Ungeziefer und
nur eine Kanalisierung der Abwässer und ihr unterirdischer
Abfluss konnte dieses Problem lösen.
Zur Kanalisation Sprendlingens
ist
einiges zu berichten. 1929 wurde ein Ortsentwässerungsplan
entworfen. Doch nur in der Frankfurter Straße und in der
Spenglerstraße kam eine kanalisierte
Straßenentwässerung zustande. Bis zum Jahr 1953
bestand die Entwässerung des Ortes, zum
größten Teil aus offenen
Straßengräben. Die Kanalisation für die
ganzen Stadt und vor allem alle Hausanschlüsse, die die
Hausbesitzer selber finanzieren mussten, würde eine enorme
Menge Geld verschlingen. Bürgermeister Ebert rief das
„Kanal-Zwecksparen“ ins Leben. Sprendlingen machte
mit dieser Idee des Kanalsparens Schlagzeilen in den Zeitungen
Deutschlands. Es wurde als beispielhaft bezeichnet. Diese Sparaktion
hat viel Anklang gefunden, so dass der Magistrat von Sprendlingen mit
berechtigtem Stolz darauf verweisen konnte, dass innerhalb von
fünf Jahren rund eine halbe Million Mark aufgebracht wurde. In
einem Zeitungsbericht kommentierte einige Jahre später der
Zweckverband für Kanalisationsförderung e.V.
Köln: “Wenn alle Deutschen so einsichtig
wären, wie die Einwohner von Sprendlingen, wäre
vielem, auch der Sauberkeit aller Gewässer, Vorschub
geleistet“. Der übrige Müll wurde schon von
Alters her in den durch Sandabbau entstandenen Gruben, sogenannten
„Müllkauten“, entsorgt. 1950 wurde die
städtische Müllabfuhr eingerichtet. Da aber die
Ablagerungsmöglichkeiten bald erschöpft waren, musste
man 1965 dem Zweckverband Müllverbrennungsanlage
beitreten.
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Stasi
-Agent jagt Haus in die Luft
Am 26. Juni 1958, gegen 4 Uhr,
zerriß ein furchtbarer Knall die Stille der Nacht. Das Haus
Offenbacher Straße 31 stand nur noch zur Hälfte, und
der Rest drohte auch noch einzustürzen. Der Anblick erinnerte
an die Bombenangriffe im letzten Krieg.Daß da etwas
besonderes passiert war, sah man an den fremden Männern, die
in den Trümmern rumstocherten. Aber man wußte nichts
genaues. In der Nachbarschaft wurde von einem geheimen Sender
russischer Emigranten gesprochen.
Nach der Wende und
Offenlegung der Stasi-Akten kam Licht in diese Angelegenheit.
„Donner“ war der Deckname des Stasi-Agenten Hans
Wax. Er war Top-Agent, gehörte zu den Besten seiner Zunft und
hatte den Auftrag, diesen Sender, der regimefeindliches Material in die
damalige DDR sendete, zu zerstören.
Bis heute haben der Besitzer
und die
auch in Mitleidenschaft gezogenen Eigenümer der
Nachbarhäuser keinen Pfennig Entschädigung durch die
Bundesregierung erhalten. Aus Protest über die Heuchelei und
Geheimniskrämerei hisste der Besitzer des Nachbarhauses
jahrelang am Jahrestag des Attentates eine schwarze Fahne. Das
zerstörte Haus wurde nie wieder aufgebaut. Es wurde eingeebnet
und als Parkplatz genutzt. Im Hinterhof, wo einst der Sendemast stand
stand, wurden Wohnungen gebaut. Heute kann man sagen: Der kalte Krieg
ging auch an Sprendlingen nicht spurlos vorüber.
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Partnerstädte
von Sprendlingen
Die „Perle von
Brabant“ wird die niederländische Stadt Oisterwijk
genannt, die sich 1972 mit Sprendlingen verschwisterte. Sie wurde das
Ziel vieler Sprendlinger Vereine, Schulen und Kindergärten.
Selbst Behindertengruppen und Senioren tauschten sich aus. Oisterwijker
Kinder verbrachten ihre Ferien des öfteren im Zeltlager der
sommerlichen Ferienspiele in Sprendlingen. Jeder, der schon einmal in
der Partnerstadt Oisterwijk war, schwärmt von dem lieblichen
Städtchen.
Bei einem Gespräch
zwischen
dem Sprendlinger Bürgermeister Erich Scheid und seinem
Amtskollegen aus Buchschlag wurde unter anderem auch die Frage nach
einer passenden französischen Partnerstadt für
Sprendlingen gestellt. Herr Meudt hatte schon seine Erfahrungen
gemacht, denn Buchschlag verschwisterte sich 1963 mit der
französischen Stadt Montier-en-Der. Er empfahl die in der
Nähe gelegene, einen deutschen Partner suchende Stadt
Joinville-en-Vellage.
1974 wurde die Jumelage-Urkunde
von
Stadtverordnetenvorsteher Hans Salomon und Bürgermeister Erich
Scheid in Joinville unterzeichnet.Seit dieser Zeit sind viele Kontakte
entstanden, teils privat aber auch durch den Schüleraustausch
der Goetheschule mit einer entsprechenden Schule in Joinville.
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Einwohnerzahl
von Sprendlingen
Datum
Zahl der
Einwohner
davon
männlich
weiblich
1. 12.
1900
4273
2164
2109
1. 12.
1905
5153
2631
2522
1. 12.
1910
6117
3102
3015
1. 12.
1916
5587
2331
3256
1. 1.
1923
7194
?
?
5. 10.
1929
7476
?
?
16. 3.
1933
7855
?
?
17. 5.
1939
8147
?
?
1. 8.
1945
8337
?
?
1. 12.
1948
9768
4680
5088
13. 9.
1950
10
004
4750
5254
31. 12.
1955
11
790
5717
6073
31. 12.
1960
16
175
7882
8293
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Zusammenschluß
oder auch Zwangsehe
Es standen von Anfang an zwei
Möglichkeiten zur Debatte, eine Kleine und eine
große Lösung. Die kleine Lösung sah den
Zusammenschluß von Buchschlag und Sprendlingen zu einer
Gemeinde und Dreieichenhain, Götzenhain und Offenthal zu einer
anderen Gemeinde vor. Die große Lösung war der
Zusammenschluß aller fünf Gemeinden zu einer Stadt.
In den Rathäusern der fünf Gemeinden wurde
darüber viel debattiert. Die Bürgervertretungen
hatten es nicht leicht, ihre Meinung den Wählern
gegenüber zu vertreten. Über die damalige
Stimmungslage ein kurzer Bericht.
Buchschlag: Im Februar 1973
stimmen
alle vier Parteien in der Gemeindevertretung gegen eine, wie auch immer
geartete Eingemeindung. In den drei SPD regierten Gemeinden
Dreieichenhain, Götzenhain und Sprendlingen sah man keinen
großen Nutzen in einer Verwaltungsehe. Aber trotzdem stimmten
in Sprendlingen die SPD zusammen mit der FDP im März 1974
für einen Zusammenschluß aller fünf
Kommunen.
Dazu Kommentare:
Bürgermeister Scheid von Sprendlingen „Sternstunde
der engeren Heimat“. Bürgermeister Pfrommer von
Dreieichenhain „Man muß versuchen, das beste daraus
zu machen“. Bürgermeister Zimmer von Offenthal
„Ich bin enttäuscht und befürchte eine
Stadtrandlage“. Bürgermeister Meudt von Buchschlag
„Aus Sicht der Gemeinde gleicht die Frage der an einen
Menschen, ob er lieber geköpft oder gehenkt werden
wolle“. Ein Offenthaler Sozialdemokrat meinte sogar:
„Erst wenn in Sprendlingen Teppiche auf der Straße
liegen, ist Offenthal an der Reihe“.
Ab Februar 1973 war Druck in
der
Angelegenheit „Zusammenschluß“ aus
Wiesbaden zu spüren. Der Widerstand ließ
Innenminister Bielefeld unbeeindruckt. In einem Anhang eines
Memorandums von ihm war eine Landkarte zu sehen, die die
große Lösung als gegeben ansah. Im Dezember 1973 war
es dann soweit, der Innenminister eröffnete das
Gesetzgebungsverfahren für die Umstrukturierung des
„Ländleins Dreieich“. Auf Seite sechs
stand der enscheidende Satz: Die Städte Dreieichenhain und
Sprendlingen und die Gemeinden Buchschlag, Götzenhain und
Offenthal werden zu einer Stadt mit dem Namen
„Sprendlingen“ zusammengeschlossen.
Diese Namensgebung schockte
natürlich sehr, und so wurde aus dem Bielefeldischen
Arbeitstitel nach langer Beratung der Städtename
„Dreieich“. Am 19. Juni 1974 wurde im Wiesbadener
Schloß die große Lösung und als Tag X der
1. Januar 1977 beschlossen.
Für die
Legislaturperiode
von 1972 –76 verabschiedete die Sprendlinger Stadtverwaltung
1976 ihren letzten Bericht. Damit erlosch das selbständige
Gemeinwesen Stadt Sprendlingen. In die neue Stadt
„Deieich“ wurden eingebracht:
21 351 Einwohner, 9 280 Haushalte, 3 240 Wohnhäuser auf 2 050
Hektar Gemarkungsfläche. Außerdem 701
Einzelhandelsgeschäfte Handwerksbetriebe, sowie 196
Industrieunternehmen, zum Teil mit internationalem Ruf. Sprendlingen,
das war schon was und hatte viel zu bieten.
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