Bis nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Fäkalien in Sprendlingen allesamt via Plumpsklo mit Herzchen in der Tür in Abortgruben aufgefangen. Sie wurden von Zeit zu Zeit leergeschöpft und von den Landwirten als Dünger auf die Felder abgeholt wurden. Das Waschwasser oder das Küchenabwasser wurde zum Gießen genutzt oder in den Straßengraben geleitet, wo es letztendlich im Hengstbach floss. Die Zustände waren alles Andere als Gesund. Eine Kanalisation gab es damals nur in Großstädten oder Gemeinden, die es sich leisten konnten. So wurden die Abwässer von Buchschlag relativ früh per Kanalisation in ein Klärbecken am heutigen Standort der Kläranlage geleitet.
1928 begannen die Arbeiten am Kanalsystem in Sprendlingen. Im Zuge von Notstandsarbeiten wurde ein erster Kanal in der Eisenbahnstraße verlegt. Bei diesem Projekt mussten mindestens 80% der Arbeiter vorher beschäftigungslos gewesen sein (Zuweisung durch das Arbeitsamt Offenbach).
Hier der Plan aus dem Jahr 1928. Interessant dabei ist, dass auf der Eisenbahnstaße bis hinter die Wienandstraße 1 Meter-Rohre verlegt wurden. Ab dort Richtung Buchschlag betrug der Rohrdurchmesser nur 25 cm. Dies ist wohl die "Schmutzwasserfernleitung" Sprendlingen-Buchschlag, die in der Trift an das Buchschlager Kanalsystem angeschlossen wurde (HStAD, P 5, 19/3). Auf der Karte Oben erkennt man einen "Entlastungsgraben", der auf der Trasse der heutigen August-Bebelstraße zum Hengstbach führte. In den 1930er Jahren wurde weiter am Kanalalsystem gebaut. Ende der 1940er Jahre wurde die Abwasserbehandlung ein immer dringend werdendes Problem, angesichts der starken Bevölkerungswachstums.
Buchschlag, Sprendlingen und Dreieichenhain einigten sich in dieser Zeit, eine Kläranlage mit einer mechanischen und biologischen Klärstufe westlich der Main-Neckarbahn zu bauen, mit dem Hengstbach als Vorfluter.
Die Einweihung der Anlage fand im Mai 1954 statt. Regierungspräsident Arnoul nannte den Bau eine Spitzenleistung kommunaler Zusammenarbeit. Mit dieser Kläranlage habe Sprendlingen seine Nachbarstädte überflügelt, denn sie sei im ganzen Regierungsbezirk einmalig. Besondere Anerkennung sprach Arnoul dem Bürgermeister Ebert aus, dessen "dynamische und motorische Kraft das Werk zum guten Ende führt". Die Kläranlage wurde innerhalb von 11 Monaten gebaut und kostete 530.000 DM.
Das Bild zeigt den Ausbau des Sprendlinger Kanalsystems im Jahr 1953. Es musste ein neuer Hauptsammler von Sprendlingen entlang des Hengstbachs zur Kläranlage gebaut werden. Die Kanalisation für die ganzen Stadt und vor allem alle Hausanschlüsse, die die Hausbesitzer selber finanzieren mussten, würde eine enorme Menge Geld verschlingen. Bürgermeister Ebert rief das „Kanal-Zwecksparen“ ins Leben. Sprendlingen machte mit dieser Idee des Kanalsparens Schlagzeilen in den Zeitungen Deutschlands. Es wurde als beispielhaft bezeichnet. Diese Sparaktion hat viel Anklang gefunden, so dass der Magistrat von Sprendlingen mit berechtigtem Stolz darauf verweisen konnte, dass innerhalb von fünf Jahren rund eine halbe Million Mark aufgebracht wurde. In einem Zeitungsbericht kommentierte einige Jahre später der Zweckverband für Kanalisationsförderung e.V. Köln: “Wenn alle Deutschen so einsichtig wären, wie die Einwohner von Sprendlingen, wäre vielem, auch der Sauberkeit aller Gewässer, Vorschub geleistet“. Diese Beschreibung und weitere detaillierte Informationen über die Ausbaupläne des Sprendlinger Kanalsystems sind einem Bericht des Sprendlinger Stadtanzeigers vom Neujahr 1954 zu entnehmen.