Im Jahr 1907 siedelte sich in Sprendlingen an der Eisenbahnstraße die "Zahnfabrik Wienand und Söhne" an. Voraussetzung für die Ansiedlung war eine gesicherte Versorgung mit Stadtgas und sauberem Wasser, d.h. dem Gas- und Wasserwerk. Wir haben recherchiert und mit Zeitzeugen gesprochen. Durch einen Klick auf das Bild können Sie mehr über die wechselvolle Geschichte der Zahnfabrik erfahren. Heute ist von ihr nichts mehr zu sehen. Das Gelände ist mit Einfamilienhäuser und einem Altenwohnheim bebaut. Und die Wienand-Villa gibt es auch nicht mehr.
Der Zahnarzt Friedrich August Wienand (1850 – 1908) gründete in Pforzheim in der Nagold-Straße im Jahre 1893 ein Unternehmen mit dem Namen „Erste Kontinentale Zahnfabrik“. Offensichtlich wollte er sich damit von den zur gleichen Zeit gegründeten angloamerikanischen Firmen abheben. Da das Industriegas der Stadt Pforzheim sich als ungeeignet erwies (die Zähne verfärbten sich), entschloss man sich zu einem Umzug in das Frankfurter Umland, zumal in Frankfurt bereits ein Büro eröffnet war. Die Wahl fiel schließlich auf Sprendlingen, weil hier kurz zuvor ein Gaswerk errichtet worden war und weil man sich Einfluss auf die Gasqualität erhoffte. Das neue Werk wurde 1908 in unmittelbarer Nachbarschaft des Gaswerks erbaut. Auch die Qualität des Wassers und dessen gesicherte Verfügbarkeit durch das neue Sprendlinger Wasserwerk in der Eisenbahnstraße 109 waren ein Standortvorteil von Sprendlingen. Die alten Bilder zeigen einen harmonischen, ausdrucksstarken Gebäudekomplex mit Elementen des Heimatstils, der auch im benachbarten Buchschlag zu finden war. Friedrich August Wienand wählte noch vor dem Umzug einen Firmennamen, der dem damaligen deutschen Vorurteil Rechnung trug, nämlich dass ausländische Waren besser seien als die im Inland hergestellten: „The Anglo American Tooth-Manufacturing Comp. GmbH, New York, Sprendlingen, Frankfurt und London“. Eine deutliche Aufwertung für Sprendlingen!
Die Unternehmensleitung wurde nach dem Tod des Gründers im Jahr 1908 von dessen Söhnen wahrgenommen: Dr. Heinrich August Wienand war der wissenschaftliche und sein Bruder Ludwig Friedrich Wienand (Fritz) der kaufmännische Leiter. 1914 wurde die Firma umbenannt, diesmal dem Zeitgeist entsprechend in „Deutsche Zahnfabrik Wienand & Co.“. Am Anfang des Krieges musste die Zahnfabrik wegen vieler Einberufungen und Materialmangel vorübergehend geschlossen werden. 1916 zogen die Wienand-Familien von Pforzheim nach Sprendlingen bzw. Buchschlag. Heinrich August Wienand bezog eine um 1926 erbaute Villa, die 2020 abgerissen wurde noch auf dem Gelände des Mercure Hotels in Sprendlingen steht. Ende des Ersten Weltkriegs gab es wegen des hohen Metallbedarfs des Militärs einen großen Mangel an Münzen. Deshalb prägte man "Kleingeldersatzmarken", eine Art Notgeld. Auch die Zahnfabrik Wienand behalf sich auf diese Weise (s. Abb.). 1920 wurde der Firmenname erneut geändert in „Zahnfabrik Wienand Söhne und Co. GmbH in Sprendlingen“. Damals hatte die Firma ca. 800 Mitarbeiter. Im Jahr 1922 erhielt das Unternehmen Elektrizität, die teilweise durch eigene Generatoren erzeugt wurde. In der Inflationszeit wurde die Zahnfabrik baulich erweitert. Auch das Gaswerk wurde mit Hilfe der Zahnfabrik modernisiert und vergrößert. 1927 wurde die „Wienand Dental Aktiengesellschaft“ gegründet, welche die Erzeugnisse der Zahnfabrik in Sprendlingen und andere zahnärztliche Bedarfsartikel vertrieb. 1928 gab es eine Zweigniederlassung in der Berliner Friedrichstraße. In jener Zeit wurden bis zu 18 Millionen Zähne jährlich hergestellt.
Im Gegensatz zu dieser recht positiven Beschreibung des Geschäftsverlaufes steht ein Artikel aus dem Sprendlinger Stadtanzeiger vom 18.9.1923 (zitiert in Rebentisch, "Dreieich zwischen Parteipolitik und Volksgemeinschaft (S. 27). Dort wurde beschrieben, dass die Zahnfabrik mit einer Belegschaft von 700 Köpfen ihren Betrieb fast ganz einstellte und die meisten Arbeiter entlassen hat. Als Begründung wurden ein Mangel an Aufträge und die schwierige Kapitalbeschaffung zur Arbeiterentlohnung angegeben. Auf Druck des Betriebsrates und der Gewerkschaften wurde der Betrieb in vermindertem Umfang wieder aufgenommen, wobei die Neueinstellungen nach sozialen Kriterien erfolgten.
Eine weitere sehr kritische Anmerkung findet man im Offenbacher Abendblatt vom 15.5.1914: "Unternehmer-Terrorismus". Nach dem Bericht versuchten die Arbeiterinnen sich zu organisieren, um eine "anständige Behandlung" zu erreichen. Dies wurde von der Firmenleitung durch Androhen von Entlassungen untersagt.
Die Spieler auf dem Dentalmarkt in den 1920er Jahren Dentsply übernahm im Jahr 1976 ihren langjährigen Vertriebspartner, die Amalgamated Dental International, und damit auch die De Trey Gesellschaft in Wiesbaden, welche die Produkte der Zahnfabrik Wienand vertrieb. |
Im Jahr 1925 erwarb Dentsply 45% und Amalgamated Dental Co. 15% der Geschäftsanteile der Zahnfabrik Wienand. 1927 kaufte Amalgamated Dental weitere 10% Geschäftsanteile der Zahnfabrik Wienand. Laut anderen Quellen soll Amalgamated Dental zwischen 1925 und 1927 30% der Anteile der Zahnfabrik Wienand erworben haben. Die Zahnfabrik Wienand litt unter Absatzschwierigkeiten als Spätfolge des Ersten Weltkrieges und unter der Dominanz der englischen und amerikanischen Dentalindustrie. Bald nach dem Verkauf der Anteile an Dentsply und Amalgamated Dental wurde die Zahnfabrik durch eien amerikanischen Manager reorganisiert mit dem Ziel, die Produktivität zu erhöhen und die Qualität der gefertigten Zähne zu verbessern. Im Jahre 1933 befanden sich insgesamt 88% der Firmenanteile in den Händen von Dentsply und Amalgamated Dental. Die Familie von Friedrich August Wienand hielt noch 12% der Firmenanteile. Während des Krieges war die Zahnfabrik als "kriegswichtig" eingestuft. Seit 1941 stand die Fabrik unter Zwangsverwaltung (H. Gamer), da sie als "Feindvermögen" galt. Der Südflügel wurde durch eine Bombe leicht beschädigt. Personenschäden gab es keine.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Fabrik von den Herren Scheunert und Schaffhäuser geleitet. Die Gebäude der Wienand Dental AG in Berlin waren durch Luftangriffe zerstört. Die Immobilie und das Grundstück lagen in Ostberlin und waren damit vorerst unerreichbar. Aus diesem Grunde schloss Dentsply mit Amalgamateds deutscher Tochter, der DeTrey Gesellschaft, eine Vereinbarung zum Vertrieb ihrer Zähne (Zahnfabrik Produkte). Die Immobilie in Ostberlin wurde nach 1990 rückübertragen.
Bereits während des Krieges wurde in der Zahnfabrik mit künstlichen Zähnen aus Acryl experimentiert. Nach dem Krieg entwickelt Dr. Konrad Gatzka das Vakuumbrennverfahren, das die Produktion qualitativ hochwer25tiger Porzellanzähne ermöglichte. Diese "Biodent"-Zähne wurden bald Marktführer in Europa.
1982 verkauften die Erben von Friedrich August Wienand ihre restlichen 12% Firmenanteile an Dentsply, die dadurch alleiniger Eigentümer wurde. 1982 wurde die Zahnfabrik Wienand Söhne & Co. in "DeTrey/Dentsply" (wegen des hohen Bekanntheitsgrades von DeTrey in Europa) bzw. 1988 in „Dentsply/DeTrey“ umbenannt.
Die "Standardzahnfabrik Konstanz" wurde 1924 gegründet. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie als amerikanisches Feindvermögen charakterisiert. 1949 firmierte sie zusammen mit der Zahnfarik Wienand als "Subsidiary" (Niederlassung) von Dentsply. Im Zuge einer europaweiten Reorganisation in den Jahren 1980/1990 wurde die Zahn- und Materialproduktion von Dentsply-Unternehmen in Turin, Konstanz und Brighton nach Dreieich verlagert. Der Standort Konstanz blieb erhalten. Dentsply etablierte dort die Forschung, Entwicklung und Produktion von Produkten für die zahnärztliche Praxis. Die Forschung und Produktion von dentaltechnischen Produkten für das Zahnlabor blieb bis zur Produktionsverlagerung bei Dentsply/DeTrey in Dreieich. Ende der 1990er Jahre wurde Dentsply/DeTrey ein Tochterunternehmen der Dentsply in Konstanz. 2001 übernahm Dentsply die Firma Degudent in Hanau und damit das Dentalgeschäft der Degussa (Fertigung und Vertrieb von Produkten für das Zahnlabor). Die verbliebene Belegschaft von Dentsply/DeTrey in Dreieich wurde mit ihren Produkten in diese Tochterfirma integriert. Das Betriebsgelände von ca. 22000 m² wurde verkauft. Die Bemühungen scheiterten, auf dem Gelände andere Industrieunternehmen anzusiedeln. 2007 wurden die Gebäude abgerissen und das Gelände mit Einfamilienhäuser und einem Seniorenwohnheim bebaut.
Herr Autor F. M. hat freundlicherweise ein Foto des Werksplans (Abb. oben links) aus den 1950er Jahren zur Verfügung gestellt. Man erkennt noch das Gewächshaus zwischen der Fabrik und der Eisenbahnstraße.
Im August 2015 stelle uns großzügigerweise Frau Bettina Mann-Kurz von der Firma Gottlob Kurz Hebammenbedarf in Wiesbaden einen Satz Musterzähne der Ersten Kontinentalen Zahnfabrik in Pforzheim zur Verfügung. Diese zwischenzeitlich etwas verblassten Musterzähne (im Originalkarton!) stammen aus dem Zeitraum zwischen 1893 und 1908. Frau Mann-Kurz hat sie im Nachlass ihres Urgroßvaters entdeckt. Die modernen Kunststoffzähne von Dentsply schenkte uns erfreulicherweise Herr Wigbert Hauner.
Erinnerungen von Friedrich Werkmann, Dreieich
dokumentiert von Wilhelm Ott, Dreieich, und ergänzt durch Anmerkungen von Sigbert Hauner (Langen), Waltraud Stapp (Dreieich) und Elisabeth Krech Götzenhain)
Herr Werkmann trat 1961 als Mechaniker in den Dienst der Zahnfabrik Wienand. Er arbeitete bis zu seiner Pensionierung im Jahr 1990 als Meister in verschiedenen
Betriebsteilen der Firma.
Herr Werkmann berichtete, dass die Fertigungstiefe bei der Produktion von Porzellanzähnen sehr hoch war. Die manuelle Produktion erforderte viele
komplexe Produktionsschritte, die nur durch gut geschultes, erfahrenes Personal mit Geschick und Geduld durchgeführt werden konnten. Es wurden daher fast ausschließlich Frauen in der Produktion
eingesetzt. Seiner Erinnerung nach waren ca. 350 - 400 Personen in Sprendlingen beschäftigt, womit die Zahnfabrik der größte Arbeitgeber in Sprendlingen war.
Ausgangsmaterialien waren Feldspat, Quarz und Kaolin. Diese Rohstoffe wurden gebrannt, gebrochen und gemahlen, geschlämmt und gesiebt, bis man die richtige Korngröße erhielt und schließlich gereinigt. Sie wurden nach einer bestimmten Rezeptur mit Stärke als Bindemittel gemischt, eingefärbt (mit einer Palette von 21 Farben) und in Formen gefüllt. Der Zahnaufbau erfolgte dabei in verschiedenen Schichten. Die geformte Masse wurde dann gebacken und verfestigt. Danach wurden manuell künstliche Fehlstellen (Haarrisse, Füllungen, Stockflecken) aufgebracht, um ein natürlicheres Aussehen zu erzeugen. Die Rohzähne wurden in Elektro-Vakuumöfen gebrannt, wobei sie ein Drittel ihres Volumens verloren. Die gebrannten Zähne wurden anschließend mit vergoldeten Edelstahlstiften versehen. Für den Verkauf wurden sie garniturenweise auf sogenannte Wachsplättchen mit Form- und Farbkennzeichnung gesetzt.
Die Anzahl der erforderlichen Bronzeformen war sehr groß. Sie wurden in der Fabrik modelliert, gegossen und in der Graveur-Abteilung überarbeitet. Auch fast alle Produktionsmaschinen wurden von eigenem Personal gefertigt. Die Zahnfabrik hatte eine Anzahl von patentierten Verfahren entwickelt, von denen sie einige an Dritte verkaufte (z.B. das für die Produktion der Goldstifte an Degussa). Die Zahnfabrik produzierte nicht nur Kunststoff- und Keramikzähne, sondern auch Kunststoff- und Keramikpulver zum Aufbau von Jacketkronen sowie zum Verblenden von metallkeramischen Brückenarbeiten.
Seit Beginn der 1960er Jahre wurden in der Zahnfabrik auch Vakuum-Brennöfen zum Brennen von Kronen und Brückenarbeiten gefertigt - anfangs als externe Entwicklung und ab 1969 als eigene Entwicklung. Es wurden tausende von Brennöfen weltweit verkauft. Die letzte Brennofenentwicklung 1998, also im Jahr der Produktionsverlagerung, war auf dem Dentalmarkt mit ihren Alleinstellungsmerkmalen ihrer Zeit weit voraus und ein großer Verkaufserfolg. Auch Heißpolymerisationsgeräte und späterhin Lichtpolymerisationsgeräte für Kunststoffverblendungen wurden zugekauft bzw. selbst entwickelt und gefertigt.
Anfang der 1960er Jahre kamen die ersten Kunststoffzähne auf. Sie waren zunächst nicht besonders abriebfest. Diese Neuerung entwickelte sich aber im Laufe der Zeit zur preiswerteren qualitativ zufriedenstellenden Alternative zu den hochwertigen Porzellanzähnen. Auch die Zahnfabrik Wienand stieg 1969 mit einem Neubau auf dem Firmengelände in die Produktion von Kunststoffzähnen ein. Es kam, wie es kommen musste: die Produktionskosten in Deutschland waren vergleichsweise hoch, so dass die Fabrikation in Sprendlingen 1998/99 eingestellt werden musste. Ein Teil der Anlagen wurde nach China, Brasilien, Puerto Rico und in die USA verkauft. Die Vertriebsabteilung wurde 2002 nach Hanau verlegt. Versuche scheiterten, das Gelände als Industriegebiet zu vermarkten. So wurde es als Wohngebiet entwickelt.
Neben der Kunststoffabteilung wurden auf dem Firmengelände1967 ein Sozialbau und später ein Bau für Marketing und Vertrieb an der Eisenbahnstraße errichtet. In letztem waren auch die Schulungsräume für externe Zahntechniker untergebracht. Es existierte auf dem Gelände hinter dem Sozialbau ein Luftschutzbunker aus dem 2. Weltkrieg, der allerdings nicht genügend Platz für alle Firmenangehörige bot. Nach dem Krieg diente er als Lagerraum für Lebensmittel der Werksküche. Im Krieg galt die Zahnfabrik als kriegswichtig. Es wurde in dieser Zeit weiterproduziert.
Die Zahnfabrik Wienand war ein sehr sozial orientiertes Unternehmen. Die Firmenleitung war stark daran interessiert, die Mitarbeiter lange an sich zu binden. Als eine von wenigen Firmen zahlte die Zahnfabrik bei einer mehr als 15-, später 10-jährigen Betriebszugehörigkeit auch im gewerblichen Bereich eine Firmenrente. Die Arbeitnehmerschaft war gewerkschaftlich organisiert. Es gab einen Betriebsrat, der gut mit der Firmenleitung zusammenarbeitete. Bezahlt wurde nach einem Haustarif mit einer höheren Entlohnung als im Normaltarif. Das Mittagessen für die Mitarbeiter wurde großzügig bezuschusst, zeitweise wurde es kostenlos ausgegeben. Daran änderte sich nur wenig, als die Amerikaner die Firma vollständig übernahmen.
Die Familie Wienand besaß außer dem Gelände der Zahnfabrik (und der Familienvilla) noch weitere Grundstücke in Sprendlingen. In der Buchwaldstraße am Hengstbach lag die "Wienand-Ranch" mit zwei Wohnhäuser für Bedienstete und Stallungen für Kutschen und Pferde. Weiterhin gehörte der Familie ein großes Grundstück an der Wienandstraße (!), das in den 1930er Jahren teilweise in das Eigentum der katholischen Gemeinde kam. Ein Teil des Grundstücks wurde an Dr. Kempf verkauft. Noch bis 1961 arbeitete Heinrich (Heiner) Wienand, der Sohn von Dr. Heinrich August Wienand, im Labor der Firma. Er zog dann mit seiner Familie nach Wiesbaden. Seine beiden unverheirateten Schwestern wohnten in der Wienand-Straße 2. Sie stifteten der Stadt Sprendlingen das Gelände an der Buchwaldstraße beiderseits des Hengstbaches mit der Auflage, dieses zum Bau von Wohnungen für Personen ab 70 Jahre zu verwenden. Die Sprendlinger Wienand-Straße war übrigens in den 1930er Jahren als Litzmannstraße angelegt worden und wurde erst nach dem Krieg umbenannt. Die Madonnenstatue in der Laurentius-Kirche wurde von dem Bildhauer Fritz Wienand (Sohn von Ludwig Friedrich Wienand) geschaffen.
Frau Elisabeth Krech begann 1942 im Alter von 15 Jahren in der Zahnfabrik zu arbeiten. Sie wurde angelernt und arbeitete dann im Akkord mit vielen anderen jungen Frauen in der Fertigabteilung. Ihre Aufgabe war, die gebrannten Zähne zu kontrollieren und farblich passende Zähne zusammen in eine Schachtel zu legen, in der sich eine Wachsmatrix befand. Die Zähne wurden dann nach Wiesbaden geschickt, von wo aus der Versand erfolgte. Frau Krech erhielt damals 36 Pfennige pro Stunde, während sie als Schneiderin sich mit 18 Pfennig begnügen hätte müssen. Die Zahnfabrik war ein kriegswichtiger Betrieb, daher unterblieben Versetzungen in andere Betriebe oder Verpflichtungen zum Arbeitsdienst. In der Gegend um die Zahnfabrik gab es eine Anzahl von Bombenabwürfen (mit schweren Gebäudeschäden). die Zahnfabrik selbst blieb von Treffern verschont. Bei Luftangriffswarnungen mussten die Sprendlinger Beschäftigten nach Hause in die Schutzräume eilen; Der Bunker der Zahnfabrik war für die auswärtigen Arbeitnehmer reserviert. Von den Mitgliedern der Familie Wienand hatte sie einen positiven Eindruck; sie seien zwar recht stramm nationalsozialistisch gewesen und einer anderen gesellschaftlichen Schicht angehört, aber sie hätten sich um ihre Mitarbeiter gekümmert. Heinrich Wienand sei jeden Morgen durch die Firma gegangen und hätte mit den Arbeitern gesprochen. Nach dem Einmarsch der Amerikaner kam es zu einer Betriebsunterbrechung von ca. 6 Monaten.
Die Wienand Familie
Friedrich August Wienand 1850 – 1908
Gründer der Zahnfabrik in Pforzheim:
Verheiratet mit Marie Wienand geb. Kichel
* 28.03.1849 in Freiburg/Br. + 10.06.1932 in Sprendlingen
Söhne:
Dr. Heinrich August Wienand
* 01.10.1873 in Pforzheim + 03.08.1940 in Frankfurt
Verheiratet mit Anna Elisabeth Kempf * 13.06.1877
Direktor der Zahnfabrik Wienand Söhne Co., Wissenschaftlicher Leiter
Dr. hc 1899 durch Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Zahnheilkunde, 1929 Uni Frankfurt
Kinder:
Heinrich
Gertraude
Marie * 25.01.1897
Katharina * 04.04.1899
Ludwig Friedrich Wienand
* 15.03.1877 in Pforzheim + 26.01.1957 in Langen
Verheiratet mit Katharina Kempf * 24.11.1879 in Frankfurt am Main +1954
Umzug von Ffm. nach Buchschlag/ Falltorweg am 17.02.1916
Direktor der Zahnfabrik Wienand Söhne Co., Kaufmännischer Leiter
Kinder:
Fritz * 17.06.1901 in Pforzheim + 18.11.1967
Kurt * 10.09.1902 in Pforzheim +08.06.1940 in Frankreich. Letzte Ruhestätte ist in der Stadt Bourdo
Franziska + 07.09.1906 in Pforzheim +3.2.1975
Dieser Beitrag wurde im Juli 2014 von Wilhelm Ott verfasst. Ein Dank geht an Friedrich Werkmann für die Bereitschaft, seine
Erinnerungen mit anderen zu teilen, an Wigbert Hauner (ebenfalls ehemaliger Mitarbeiter der Zahnfabrik), der wesentliche Informationen über die Firmen- und Familiengeschichte sowie die
Eigentümerstruktur der Firma zusammengetragen hat sowie an Waltraud Stapp und Elisabeth Krech. Debra Smith danke ich für die Fotos und die intensiven Recherchen zur Zahnfabrik. Die anderen Fotos
stammen aus dem Archiv von Arno Baumbusch und von Frank Michna. Einige Informationen sind von einem Manuskript von Heinrich Runkel entnommen über ein Gespräch, das er im Jahr 1954 mit Ludwig
Friedrich Wienand führte. Rolf Nieß transkriptierte 2001 das Manuskript. Peter Holle stellte diese maschinenschriftliche Aufzeichnung zur Verfügung.
Quellen:
Schäfer, Hans Ludwig. Dreieich-Lexikon, ImHayn Verlag, 2011
Sehring, Ute, Knöß Heinrich: Sprendlinger Familienbuch, ImHayn Verlag, 2013
Heil, Jakob: Sprendlingen, Verkehrsverein Sprendlingen e.V., 1974
Taylor, John D. and John Miles: A Century of Firsts in Dentistry; the Dentsply Story 1899-1999, York Dentsply Co. ; Shuman Heritage Printers 1999
http://www.dentsply.de
http://www.pentenrieder.com/Reichsbank/Pharmazie-und-Kosmetik-58/Wienand-Dental-Aktiengesellschaft.html
http://industriezerfall.de/Dentsply/index.htm
Nachträge
Im Dietzenbacher Wochenblatt erschien am 29.7.1949 die nebenstehende Anzeige. Daraus ist zu schließen, dass Friedrich Wienand 1945 seine Villa in Buchschlag aufgeben musste. Es wurde von den Amerikanern beschlagnahmt. Ihm wurde ein "Zimmerchen" in Sprendlingen zugeteilt, das er drei Jahre zusammen mit seiner Frau bewohnte. 1949 zog er nach Langen, wo er 1957 verstarb.
Diese Villa steht heute noch im Kohlseeweg, mehrfach umgebaut und jetzt aufwändig restauriert.
Im Archiv der Freunde Sprendlingens befindet sich ein Ölbild und ein gerahmtes Metallrelief: