Diese Zusammenstellungen stammen teilweise aus der Feder von Hans Obermann in der Bearbeitung von Arno Baumbusch.
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Wir haben dem ersten Bürgermeister von Sprendlingen nach dem Dreißigjährigen Krieg eine eigene Seite gewidmet.
Heinrich von Sprendlingen
Immer stand das Dorf Sprendlingen im Schatten der einstigen Residenzstadt Dreieichenhain. Ja sogar die Burgmannensiedlung Götzenhain, sozusagen das Küchendorf für die Herrschaften in Dreieichenhain, war noch vornehmer. Und doch, so hat Heimatforscher Heinrich Runkel herausgefunden, hat es zumindest im 13. Jahrhundert auch in Sprendlingen eine adlige Herrschaft gegeben.
„Henricus de Sprendlingen“ (Heinrich von Sprendlingen) wird in wenigstens zehn Urkunden erwähnt, die zwischen 1269 und 1287 ausgefertigt worden waren. In diesen Dokumenten, die sich mit Schenkungen, Vermächtnissen, Verkäufen und Bürgschaften beschäftigen, steht der Name Henricus in einer Reihe von vielen „edlen Herren“. Man darf also annehmen, dass dieser Henricus oder Heinrich zum sogenannten niederen Adel gehörte. Ganz bestimmt zählte er zum Freundeskreis der Ministerialen-Familie von Falkenstein, die über mehrere Jahrzehnte den mächtigen Wildbannvogt für die Dreieich stellte. Denn in vier der aus dem 13. Jahrhundert überlieferten Urkunden ist Heinrich von Sprendlingen als Zeuge für die Falkensteiner benannt.
Dieser Heinrich war verheiratet. Das geht aus einer Schenkungsurkunde vom 21. Januar 1289 hervor. Sie beginnt: „Wir Heinrich von Sprendlingen, und Gertrudis, seine Frau…“ In diesem Dokument bekundet das Ehepaar, dass es dem Kloster Patershausen (bei Heusenstamm) seine Besitzungen in Vilbel, Griesheim, Kelsterbach, Sachsenhausen, Frankfurt und Neuenhain vermachen will, falls es kinderlos bleibt. Gleichzeitig behielten sich die Eheleute auf Lebenszeit das Recht zur Nutzung und zum Verkauf von Teilen ihrer weitgestreuten Besitzungen vor.
Die adligen Herrschaften blieben wohl tatsächlich kinderlos, denn in einer Urkunde vom August 1303 bestätigt Philipp von Münzenberg, dass der “ehrsame Heinrich von Sprendlingen und seine Frau Gertrudis die Vilbeler Güter in Dorf und Feld dem Kloster Patershausen geschenkt haben“. Nach dem Tode Heinrichs verwaltete Gertrudis Bruder die Güter. Die Witwe verbrachte ihren Lebensabend im Kloster Patershausen.
Erasmus Alberus
Natürlich gehört in diese Serie über Menschen, die in unserer Heimat ihre Spuren hinterließen, Erasmus Alberus. Das 16. Jahrhundert war rar an deutschen Dichtern, die Bleibendes geschaffen haben. Zu denen, die – unabhängig ihrer sonstigen Verdienste – von der Literaturgeschichte noch heute rühmend erwähnt werden, zählt Erasmus Alberus. Elf Jahre lang – von 1528 bis 1539 – war er Pfarrer in Sprendlingen und Götzenhain.
In Staden oder Engelrod in der Wetterau soll er um 1500 als Sohn eines katholischen Geistlichen geboren sein. Durch die Zeugung dieses Sohnes und einer danach vollzogenen Heirat brach der Vater mit dem Katholizismus und wandte sich dem evangelischen Glauben zu. In diesem protestantischen Geist wurde Erasmus erzogen. Nach dem Schulbesuch in Nidda, wo er, wie in seinem „Buch der Ehe“ erzählt, von seinem Schulmeister grausam behandelt wurde, studierte Alberus in Wittenberg bei Luther und Melanchthon. Alberus lehrte später bei den Ursulinen in Frankfurt und Heidelberg und wurde vom Landgrafen Philipp von Hessen nach Sprendlingen gerufen, um dort die Reformation einzuführen.
Alberus, schon zu Lebzeiten als „Eiferer und Polemiker“ bekannt, ging aber mit großer Vorsicht daran, die Sprendlinger vom alten zum neuen Religionsverständnis zu führen. Viele Bräuche, die den Christen vertraut waren, tastete er nicht an. Er behielt beispielsweise den priesterlichen Chorrock an und verging sich an keinem der Feiertage.
Sein Mittel, den Glauben zu reformieren, waren die im Geiste Luthers verfassten Predigten und die von ihm geschriebenen und eingeführten Choräle. Seine geistlichen Lieder und „Neunundvierzig Fabeln – mit guten Reimen verkläret“ fanden starke Verbreitung. Nach seinem Aufenthalt in Sprendlingen war er Hofprediger zu Berlin, Oberpfarrer in Brandenburg, Pfarrer in Staden und Babenhausen, wo er willkürlich entlassen wurde. Es folgte Magdeburg, wo er ebenfalls entlassen wurde. Schließlich war er Generalsuperintendent in Neu-Brandenburg, wo er 1553 verstarb. Alberus hinterließ in seinen Fabeln unter anderem die Sage vom Sprendlinger Hirschsprung.
Christoph Helwig
Christoph Helwig (* 26. Dezember 1581 Sprendlingen bei Frankfurt am Main, † 10. September 1617 Gießen) lehrte, nach Studien in Marburg, ab 1601 Griechisch, Latein, Philosophie und betrieb
nebenbei medizinische Studien. 1605 wurde Helwig an die von Landgraf Ludwig V. v. Hessen-Darmstadt gegründete neue Universität Gießen (bis 1607 "Gymnasium illustre") als Professor des Hebräischen
und Griechischen berufen; er wechselte dort 1610 ins theologische Lehramt. Helwig gilt neben Wolfgang Ratke (Ratichius), mit dem er teilweise zusammenarbeitete und dessen Studienreform er trotz
persönlicher Streitigkeiten befürwortete, als einer der führenden Didaktiker der Zeit. Seinen über Gießen hinausreichenden Ruf verdankt er seinen Grammatiken und Chronologien, die zum Teil erst
nach seinem frühen Tod erschienen bzw. posthum bis in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts neu aufgelegt wurden. (Text aus "Geschichte der frühen Neuzeit, Ludwig-Maximilians-Universität, München).
Nach Christoph Helwig ist in Sprendlingen die Straße zwischen Lindenplatz und Schulstraße benannnt.
Das schöne Fachwerkhaus neben der Alberuskirche am Lindenplatz war einst der Wohnsitz aller evangelischen Geistlichen von Sprendlingen. In den Jahren 1831 bis 1841 lebte dort der Pfarrer Johann Balthasar Spieß. Seinen weit über seine Zeit hinausgehenden Ruf hat er sich allerdings nicht als Theologe, sondern als Schulmann erworben. Johann Balthasar Spieß (1782-1841) war etwa 30 Jahre alt, als man ihm in Offenbach die Leitung des Bernhardstiftes, eines Erziehungsinstituts für Knaben übertrug.
Um die Jahrhundertwende muss Spieß den Organisten und Kantor Adam Erk aus Dreieichenhain kennengelernt haben, den Vater des später so berühmten Volksliedersammlers Ludwig Erk. Der Glaube und die Liebe zur Musik zogen die beiden Männer zueinander hin. Sie wurden Freunde. So kam es, dass Spieß den am 6. Januar 1807 geborenen Ludwig Erk zu seinem Patenkind machte. Als Vater Adam Erk am 31. Januar 1820 in Dreieichenhain starb, nahm Johann Balthasar Spieß den 13jährigen Ludwig, einen hochmusikalischen Knaben, zu sich nach Offenbach in das Bernhardstift. Spieß, ein Verehrer der Pädagogik Pestalozzis, gab seinem Patenkind eine für die damalige Zeit gediegene humanistische Ausbildung. Außerdem setzte er den jungen Ludwig dafür ein, gleichaltrigen Kindern Musikunterricht zu erteilen.
Später widmete Ludwig Erk seinem Patenonkel und Lehrer sein reifstes Werk, den “Liederhort“. Überliefert sind Erks Worte: „Spieß und Diesterweg (der berühmte Pädagoge) haben mich ins Leben gestoßen mit all ihrer Leidenschaft zur Musik“. In dem 1988 auf der Dreieichenhainer Naturbühne aufgeführten Volksstück „Der Schatzsucher“ wurde sowohl Ludwig Erk als auch Johann Balthasar Spieß wieder lebendig.
Goethe und Sprendlingen
Sprendlingen muss zu Anfang des 19. Jahrhunderts wirklich ein ärmliches Nestchen gewesen sein. Es muss sich stark von anderen deutschen Dörfern unterschieden haben, dass es sogar dem Dichterfürsten Johann Wolfgang Goethe auffiel. Goethe kam oft durch Sprendlingen, denn das Dorf lag schließlich an der wichtigen Nord-Süd-Straße des Reiches. Entweder er wollte gerade mal auf die Schnelle nach Frankfurt, um Mutter Aja guten Tag zu sagen, oder es trieb ihn zu seinem Darmstädter Freund, den Kriegsrat Merck.
Um Sprendlingen kam die Postkutsche nie herum. Bereits am 25. August 1797 verewigte Goethe das Dorf Sprendlingen in seinem Tagebuch und zwar naturwissenschaftlich und sozial: In seinen Notizen „Aus einer Reise in die Schweiz“ finden wir: „Auf der Chaussee von Sprendlingen bis Langen findet sich viel Basalt, der sehr häufig in dieser flach erhobenen Gegend krachen muss; weiterhin sandiges flaches Land, viel Feldbau aber mager. Ich sah seit Neapel zum ersten mal wieder Kinder Pferdeexkremente in Körbchen sammeln!“ Soweit Goethe. Neapel war ihm erinnerlich als die entschieden ärmlichste Stadt Italiens.
An dieser Notiz ist ebenfalls beachtlich, wie scharf der Weimarer Staatsminister, Theaterintendant, Dichter und Naturwissenschaftler Freiherr Dr. von Goethe zu beobachten wusste. Im Herbst 1815 soll Goethe zum letzten Mal mit seiner schweren Reisekutsche durch Sprendlingen gerumpelt sein. Er wollte nach Langen. In Langens Gasthaus „Zur Sonne“ pflegte er nach Frankfurt zum ersten Male die Pferde wechseln zu lassen. Dort traf er sich während dieser Umspannpause immer mit seinem Intimus Merck.
Schiller und Sprendlingen
Hatte unser großer Dichter Friedrich Schiller irgendeine Beziehung zu Sprendlingen? Wenn Schillers Freund Andreas Streicher in seinem Reisebericht „Schillers Flucht von Stuttgart“ von dem Dreieich-Heimatforscher Dr. Hans Kemp richtig gedeutet worden ist, dann hatte der Dichter im September 1782 sogar eine höchst unangenehme Beziehung zu Sprendlingen, genauer zu einem Gasthaus.
Am 22. September des genannten Jahres floh Schiller, begleitet von Andreas Streicher, aus Stuttgart. Wegen Geldmangels mussten die beiden die Reise zu Fuß antreten. Als Ziel war Mannheim ins Auge gefasst. Da aber ungewiss war, ob die Häscher des Herzogs Karl Eugen von Württemberg nicht auch in Mannheim nach dem in Ungnade gefallenen Dichter suchen würden, wichen die Freunde zunächst nach Frankfurt aus. Auf ihrem Weg kamen Schiller und Streicher auch nach Darmstadt, wo sie übernachteten. Am nächsten Tag machten sie zuerst Rast in Arheilgen und kehrten Stunden später erneut ein – in irgendeinem Gasthaus eines nicht näher bezeichneten Dorfes. Dazu Andreas Streicher: „Allein es war in dem Wirtshaus zu lärmend, die Leute zu roh, als dass es über eine halbe Stunde auszuhalten gewesen wäre“. Die Freunde verließen schnell die ungastliche Stätte und schlugen ihr Lager kurze Zeit später in einem Wäldchen auf. Während der völlig übermüdete Schiller sofort einschlief, hielt sein Weggefährte ängstlich Wache.
Heimatforscher Dr. Hans Kemp suchte nun herauszufinden, wo genau sich jene Episode zugetragen hat. Nach gründlicher Analyse des Reiseberichts, bei der er auch die Wegstunden zusammenzählte, kam er zu dem Schluss, dass Schiller und Streicher in einem Wäldchen zwischen Sprendlingen und Neu-Isenburg ihr Notlager aufschlugen. Und das unwirtliche Gasthaus muss laut Nachforschungen Kemps in Sprendlingen gestanden haben. Der Heimatforscher schrieb: „Es kann für ausgemacht gelten, dass der Ort, an dem der wegemüde Dichter Erholung suchte, aber nicht fand, Sprendlingen gewesen ist.